Süddeutsche Zeitung

Fortsetzung der Bundesliga:Ein Geschenk des Spielplans

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Die Bundesliga nimmt am 16. Mai ihren Betrieb wieder auf - der Widerstand einzelner Klubs gegen den frühen Termin hat sich ein wenig gelegt. DFL-Chef Seifert zerstreut Sorgen wegen der Fans.

Von Philipp Selldorf, Frankfurt

Schon lange war nicht mehr die Rede vom sogenannten Kölner Keller, und womöglich hätte mancher ehrbare Fußball-Mensch nichts dagegen, wenn sich daran auch in Zukunft nichts ändern würde. Doch falls jemand die Hoffnung gehegt haben sollte, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) vielleicht einfach vergessen könnte, den ominösen Gerichtssaal zum anstehenden Geisterspielbetrieb wieder in Gebrauch zu nehmen, dann war das eine falsche Hoffnung. Selbstverständlich hat die DFL auch die Kölner Videokammer nicht außer acht gelassen. Bevor aber die regelkundigen Fachleute dort Platz nehmen, kommt außer der Putzkolonne auch ein Handwerkertrupp und richtet Zwischenwände ein, damit sich die Tele-Schiedsrichter nicht zu nahetreten und der Corona-Schutz gewährleistet ist.

Viel Zeit bleibt ihnen dafür allerdings nicht. Noch am Abend des Tages, an dem Bund und Länder ihr Einverständnis zur Saisonfortsetzung übermittelten, verständigte sich das Präsidium der DFL auf den nächstmöglichen Termin für die Neueröffnung: Am 16. Mai, einem Samstag, soll es zum klassischen Gongschlag um 15:30 Uhr wieder losgehen, das ursprünglich vorgesehene Freitagspiel zwischen Düsseldorf und Paderborn wird ins Wochenende integriert. Das Top-Spiel des Tages ist ein Geschenk des Spielplans und ein PR-Hit erster Güte: das Derby zwischen Dortmund und Schalke 04. Man habe durch die Festlegung auf das übernächste Wochenende "im Grundsatz Fakten schaffen wollen", hieß es aus dem DFL-Präsidium, das durch seine Auswahl an Vereinsvertretern einen Querschnitt der Ligen repräsentiert.

So fand auf der anderntags angesetzten Vollversammlung der 36 Klubs offenbar keine nennenswerte Diskussion mehr über die Terminplanung statt, die Veranstaltung dauerte keine zwei Stunden. Das kam durchaus überraschend. Aus einzelnen Lagern war zuvor übermittelt worden, dass man dort lieber eine Woche später den Wettbewerb aufgenommen hätte. Mainz hatte in einem Brief an die DFL dafür geworben, Werder Bremen erhielt für das gleiche Ansinnen politische Unterstützung durch Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), der beim Bund-Länder-Gipfel für einen späteren Start plädiert hatte. "Ein bisschen fanmäßig orientiert" fand dies Markus Söder (CSU) - der Antrag wurde abgelehnt. Bovenschulte argumentierte, Werder habe im Gegensatz zu anderen Teams nicht weniger Gruppentraining machen dürfen, was zwar stimmte, aber vor allem daran lag, dass die Stadtregierung eben dies nicht gestattet hatte.

Nun wurden die Bremer immerhin von der Solidargemeinschaft diplomatisch entschädigt: Sie bekommen etwas mehr Zeit zur Vorbereitung, ihr erstes Spiel findet montags statt, Gegner ist Bayer Leverkusen. Eine Diskussion hat Werder nicht mehr angestrengt, das Protokoll der DFL vermerkte am Donnerstag keine Wortmeldung. Auch der FSV Mainz begnügte sich mit einer Erläuterung seiner Initiative. "Es gab keine Kontroversen, es war auch nicht so, dass Werder oder Mainz mit kritischem Nachdruck aufgetreten sind", sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert.

Heftige Auseinandersetzung mit Eurosport

Dass die Partie am Freitag entfällt, begründete Christian Seifert spitzfindig: Man orientiere sich damit "streng an dem Wortlaut" der politischen Entscheidung, in der zweiten Maihälfte den Betrieb aufzunehmen, diese beginne eben erst am 16., am Samstag also. "Es ist tatsächlich so, dass wir versucht haben, eine Abwägung zwischen wirtschaftlichen und sportlichen Aspekten zu treffen, aber es ist auch klar, dass wir den Trainern und Spielern einiges zumuten", erläuterte Seifert. Die Idee der Fifa, für den virusbedingten Sonderspielbetrieb ausnahmsweise fünf Einwechselspieler zuzulassen, wird die Bundesliga möglicherweise übernehmen, falls der Weltverband den Gedanken verwirklicht.

Unter die genannten wirtschaftlichen Aspekte fällt auch die Frage des Umgangs mit dem TV-Partner DAZN, der vom TV-Partner Eurosport in Sublizenz das Recht erworben hat, die Freitag- und Montagspiele der Bundesliga zu übertragen. Mit Eurosport gibt es hinter den Kulissen heftige Auseinandersetzungen um die Auszahlung der finalen Rate des TV-Honorars. Durch die Verlegung des Freitagsspiels ist dafür ein bisschen Zeit gewonnen, ob das Montagsspiel dann bei DAZN zu sehen sein wird, ist noch offen.

Was das Fernsehen und vor allem das Fußball-Publikum angeht, tauchten in der politischen Debatte immer wieder Vorbehalte auf, die Fans könnten sich vor den Bildschirmen oder sogar vor den Stadiontoren in Verkennung der Abstandsregeln zur Rudelbildung vereinigen. Für die "Pauschalverurteilung, dass sich Horden wie auch immer gearteter Fans zusammentun", habe er kein Verständnis, erwiderte Seifert: "Nach all den Gesprächen, die ich geführt habe, wird das nicht so sein. Wir reden mit einigen Fanszenen. Sie werden ihren Kritikern nicht den Gefallen tun, sich falsch zu verhalten." Im Fall von Wohnzimmerversammlungen "endet allerdings irgendwann die Verantwortung der DFL". Umso mehr appellierte Seifert nochmal an die Beteiligten des Sports, die Alltagsregeln des medizinischen Konzeptes einzuhalten: "Wer den Virus nicht hat, kann ihn nicht übertragen, also muss jeder sein Bestes tun, damit er ihn nicht bekommt."

Wie es mit der Bundesliga weitergehen wird, falls es ihr gelingt, das wacklige Konstrukt der Geisterspiele unter aseptischen Bedingungen ins Ziel zu bringen, das vermochte Seifert logischerweise noch nicht mit Garantien vorherzusagen. "Im Idealfall" werde die nächste Saison im August beginnen. "Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass Ende August das Champions-League-Endspiel stattfindet plus einige Länderspiele." Um die passenden Termine wird also noch lange zu ringen sein.

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Quelle:
SZ vom 08.05.2020
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