Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Leipzig siegt unverschämt souverän

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Von Cornelius Pollmer, Leipzig

Der Sonntag in Leipzig bot Gelegenheit, im Duden einmal den Plural von Alarm nachzuschlagen, denn nach nicht einmal fünf Spielminuten vibrierte die Lautsprecheranlage in der Arena bereits ein zweites Mal vor Aufregung. Der erste der beiden Alarme hatte sich bereits vor Anpfiff ereignet. Zweisprachig wurde gebeten, das Stadion umgehend zu verlassen, wegen einer schweren technischen Störung, "a serious technical interruption". Gefasst, aber von einer ziemlich konkreten Sorge beschlichen machten sich die Zuschauer auf den Weg - doch Stadionsprecher Tim Thoelke gab bald Entwarnung: Fehlalarm, präziser: Fehlfeueralarm.

Alarm Nummer zwei wurde nach knapp drei Minuten im Strafraum von Mainz 05 ausgerufen, wo Timo Werner nach einer ersten schweren technischen Störung der Mainzer Abwehr und nach Ablage von Forsberg das 1:0 erzielte (3.).

Timo Werner ist allgegenwärtig

Mainz reagierte auf den frühen Rückstand respektabel und anfangs durchaus stabil. Und wenn dies überhaupt anzumerken ist, dann nur, um in Erinnerung zu behalten, gegen wen RB Leipzig da eigentlich einen coolen 3:1-Sieg landete. Denn in der Folge der ersten Halbzeit war das Spiel der Gastgeber von so unverschämter Souveränität, so schlüssig und zielorientiert auf dem Weg zur Punktgleichheit mit dem FC Bayern, dass man alles andere als die Leipziger Leistung sofort vergaß.

Nach dem frühen 1:0 stand Leipzig weiter mutig und hoch, Yussuf Poulsen verteidigte und verteilte lange Bälle, Marcel Sabitzer öffnete mit klug dosiertem Hackenzauber Räume, und in all diesen Räumen befand sich der bemerkenswert allgegenwärtige Timo Werner. Vor dem 2:0 wurde Werner plötzlich auf der rechten Außenbahn gesichtet, seine Hereingabe konnte Emil Forsberg gegen Giulio Donati (21.) verwerten, der damit doch noch eine Bestrafung für sein nicht geahndetes Handspiel im Strafraum zu Beginn des Spiels erfuhr.

Die Mainzer schienen nun allmählich doch vom Glauben abzufallen, die Körpersprache der Mannschaft sagte nach gut einer halben Stunde: Hier geht nichts mehr. Leipzig drückte und erdrückte weiter, und nur nüchterne Beobachter erinnerten sich hinterher, dass Timo Werner bei all diesem Drücken sogar mal eine Chance vergab (41.) Und wer sich nicht daran erinnerte, der erinnerte sich wenigstens an die 44. Minute, in der Werner eine Chance eben nicht vergab. Kurz vor der Pause zeigte RB Leipzig mit einem vorerst letzten kühlen Stich, dass es nicht zufällig seit zehn Spielen ungeschlagen durch dieses erste Jahr in der ersten Bundesliga geht.

Der Österreicher Ilsanker holte den Ball in der eigenen Hälfte, seinen langen Pass holte Forsberg, indem er mühelos an Balogoun vorbeiging. Forsberg fand Werner, Werner fand sein zweites Tor und im Tor wiederum fand der Mainzer Schlussmann Jonas Lössl nur noch einen ziemlich eindeutigen Blick für das Erlebte, eine Verstörung, die im Internet für gewöhnlich mit der Chiffre WTF!!?! codiert wird.

Dreimal war Leipzig in der ersten Hälfte mit Alarm über außen gekommen, drei Mal hatte es nach ähnlicher Bauart den Angriff über die Mitte vollendet, getragen auch von größerem Willen als die Mainzer. Diesem Willen folgte in Hälfte zwei ein Nicht-mehr-Müssen und damit ein Aus- und Zulassen größter Gelegenheiten. So vergab Forsberg erst freistehend (72.), im Gegenzug verkürzte Stefan Bell auf 3:1 (74.). Nur sehr vorübergehend geriet die Leipziger Souveränität ins Wanken, aber am Ende blieb das Spiel doch verkehrsberuhigt. Das Ergebnis von 3:1 stand bis zum Schluss.

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Quelle:
SZ vom 07.11.2016
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