Süddeutsche Zeitung

Dortmund gewinnt in Darmstadt:Gemächlich, gemütlich, erfolgreich

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Das Comeback von Jadon Sancho verdrängt bei Dortmunds 3:0 in Darmstadt für einen Abend die Diskussionen über den eigenen Spielstil - und den zuständigen Trainer Edin Terzic.

Von Christoph Ruf, Darmstadt

Am Ende kommentierten die Dortmunder Verantwortlichen den 3:0-Sieg in Darmstadt auf naheliegende Art und Weise: "Es war wichtig, im Januar gleich präsent zu sein", fand Sebastian Kehl, "wir wissen, dass wir Siege brauchen, um unsere Ziele noch zu erreichen, gerade in der Liga." Einwände bezüglich seiner Einschätzung, wonach der Sieg "auch in der Höhe verdient" gewesen sei, ließ Dortmunds Sportdirektor nicht gelten. Allenfalls in der ersten Viertelstunde habe man "zu wenig Ballkontrolle" gehabt.

Trainer Edin Terzic erhöhte derweil auf "20 Minuten, mit denen wir nicht zufrieden waren". Das dürften die meisten der 18 000 Zuschauer allerdings anders gesehen haben. Schließlich war Dortmund, das auch im zweiten Durchgang eher glanzlos, aber immerhin dominanter auftrat, in den kompletten ersten 45 Minuten erschreckend passiv und ziemlich uninspiriert.

Dabei hatte sich im Winter ja einiges getan - zumindest personell. Nicht nur, dass neben Terzic in Nuri Sahin und Sven Bender gleich zwei verdiente Ex-Profis als Sekundanten erstmals auf der Trainerbank saßen. Da der infektionsgeplagte Mats Hummels kurzfristig ausfiel, durfte auch Winter-Zugang Ian Maatsen als Linksverteidiger gleich in der Viererkette beginnen - im Gegensatz zu Rückkehrer Jadon Sancho, der im zweiten Durchgang eingewechselt wurde und umgehend den zweiten Treffer durch Marco Reus vorbereitete (77. Minute). "Man hat gemerkt, wie er sich gefreut hat, auf dem Platz zu stehen und dass er jeden Moment genossen hat", sagte Kehl über Sancho.

Den Darmstädtern fehlt erkennbar ein konkurrenzfähiger Stürmer

Die Diskussionen, ob Spielweise und Spielerpotenzial bei der Borussia zusammenpassen, dürften wohl dennoch bei so manchem ihrer Sympathisanten munter weitergeführt worden sein - trotz der Leistungssteigerung im zweiten Durchgang und des versöhnlichen Ergebnisses. Da war etwa Marcel Sabitzer, der im gemächlichen Wandertempo zur Ausführung eines Eckballes schritt, da war Keeper Gregor Kobel, der immer wieder mit Ball am Fuß gemütlich nach vorne schlenderte. Und das wohl in der Erwartung, dass sich dann Lücken im Darmstädter Verbund auftun würden. Obwohl das partout nicht geschehen wollte, praktizierte er diese Versuchsanordnung allein im ersten Durchgang sechs Mal.

Überhaupt gönnte sich der Gast aus Dortmund zuweilen ein quälend langsames Tempo, das möglicherweise allerdings so nicht vorgesehen war. Schon Mitte der ersten Halbzeit wurden die BVB-Ersatzspieler zum Warmmachen geschickt - und zehn Minuten später zurückbeordert, obwohl das Spiel der Stammelf weder zwingender noch ansehnlicher geworden war. Doch immerhin war der Favorit in Führung gegangen. Ein Konter, ein schöner Pass von Jamie Bynoe-Gittens, ein toller Laufweg von Julian Brandt - und es stand 1:0 für Dortmund (24.).

Weniger schmeichelhaft waren nach 45 Minuten die anderen Parameter: 45 Prozent Ballbesitz, kaum Offensivaktionen, geschweige denn Torgefahr - für ein Team mit den Dortmunder Ambitionen wäre das schon gegen Leipzig oder Stuttgart ein bedenkliches Zwischenfazit gewesen. Gegen den No-Budget-Aufsteiger aus Darmstadt, der mit 41 Gegentreffern in die Winterpause gegangen war, blieb der ziemlich konsequente Verzicht aufs Fußballspielen im ersten Durchgang merkwürdig. Immerhin: In der zweiten Halbzeit wurde es etwas besser, nach dem 2:0 hatte der BVB endgültig die Kontrolle über die Partie, brachte die Qualität seiner Individualisten besser ins Spiel und Youssoufa Moukoko erhöhte auf 3:0 (90.+2.).

Darmstadt hingegen hätte gemessen an seinen Voraussetzungen auch am Samstag mal wieder ganz zufrieden mit sich sein können, wenn es nicht langsam aber sicher in eine Saisonphase ginge, in der auch Punkte gegen haushohe Favoriten, die dieser Rolle nicht durchgehend gerecht werden, mal dringend benötigt werden würden. Eine Direktabnahme von Tim Skarke (39.) und ein Kopfball von Luca Pfeiffer (64.) hätten durchaus für ein anderes Ergebnis sorgen können. Überhaupt würde es dem Team helfen, wenn in den verbleibenden Tagen bis zum 31. Januar noch ein konkurrenzfähiger Stürmer verpflichtet werden könnte. Zumal den Lilien nun eine Serie von schweren Heimspielen bevorsteht, die in den kommenden Wochen gegen Frankfurt, Leverkusen und Stuttgart vollendet wird.

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