Süddeutsche Zeitung

2:3 in Dortmund:Leipzig muss sich erheblich steigern

Lesezeit: 3 min

Der Tabellenzweite verliert in Dortmund und muss in wenigen Tagen im Pokalfinale ganz anders auftreten. Der BVB setzt ein kräftiges Zeichen.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Samstag, 17.23 Uhr: Die Bundesliga erlebt ein Kuriosum. Die Fußballer von Borussia Dortmund jubeln, obwohl sie den FC Bayern München soeben zum Meister gemacht haben. Das muss man sich mal vorstellen!

In diesem Moment wurde ein aufregender 3:2 (1:0)-Sieg des BVB gegen RB Leipzig abgepfiffen. Binnen 14 Minuten hatten die Dortmunder in der zweiten Halbzeit eine 2:0-Führung verspielt, ehe Jadon Sancho drei Minuten vor Schluss doch noch den Siegtreffer erzielte. Für die Borussen bedeutete dieser Erfolg, dass sie in der Bundesliga-Tabelle zumindest über Nacht vor Eintracht Frankfurt auf Platz vier stehen. Dieser Platz ist relevant für die Qualifikation zur Champions League.

Dass der BVB-Sieg gegen den Tabellenzweiten Leipzig für die Münchner 67 Minuten vor deren eigenem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach zugleich bedeutete, schon uneinholbar und damit Meister zu sein, konnten die Dortmunder nicht verhindern. Der erste Titel der Saison war damit vergeben. Der zweite wird am kommenden Donnerstag verliehen. Dann treffen im Endspiel des DFB-Pokals in Berlin Borussia Dortmund und RB Leipzig schon wieder aufeinander. Das könnte erneut ein sehr unterhaltsames Spiel werden.

Haaland fehlt, wird aber kaum vermisst

"Wir gehen mit Mut und Selbstvertrauen ins Endspiel", sagte der Dortmunder Trainer Edin Terzic nach nun fünf Pflichtspielsiegen in Serie. "Die jüngsten Erlebnisse haben uns zusammengeschweißt." Nach dem Sieg kamen der verletzt zuschauende Erling Haaland, der nach den Toren feine Tänzchen vorführte, und der gesperrt pausierende Jude Bellingham von der Tribüne herunter aufs Feld, um mit ihren Kollegen gemeinsam zu jubeln.

Die Leipziger hingegen müssen sich am nächsten Donnerstagabend steigern, wenn sie den ersten Titel ihrer jungen Vereinsgeschichte gewinnen wollen. Ihre Leistung am Samstag war phasenweise mau. Nach sieben Minuten in der ersten Halbzeit ließen sie Marco Reus nahezu ungestört zum 1:0 einschießen. Nach sechs Minuten in der zweiten Halbzeit ließen sie Jadon Sancho nahezu ungestört zum 2:0 einschießen. Erst danach wurden sie für etwa eine halbe Stunde deutlich besser.

Leipzigs Innenverteidiger Lukas Klostermann rehabilitierte sich beim im Stadion anwesenden Bundestrainer Joachim Löw zunächst durch den Anschlusstreffer zum 1:2 (63.). Norwegens Nationaltrainer Stale Solbakken hingeben hatte sich den Besuch im Stadion zurecht erspart, weil Dortmunds norwegischer Stürmer Erling Haaland wegen Oberschenkelproblemen nicht mitspielen konnte und weil Leipzigs norwegischer Stürmer Alexander Sörloth durchgängig auf der Ersatzbank saß.

Leipzig zeigt ungeahnte Abwehrschwächen

Verzichten mussten die Dortmunder auch auf ihren Rechtsverteidiger Mateu Morey. Der Spanier wird nach einer kapitalen Knieverletzung im vorangegangenen Pokalspiel gegen Kiel mehrere Monate ausfallen. "Viel Kraft! Wir sind bei Dir!", trugen alle Dortmunder zum Aufwärmen als spanischen Gruß auf ihren Hemden.

Zu seinem ersten Einsatz seit dem 22. Januar kam Dortmunds Torwart Roman Bürki. Er wurde zur zweiten Halbzeit eingewechselt für jenen Marwin Hitz, der ihm Ende Januar den Stammplatz stibitzt hatte. Hitz verletzte sich bei einem Zusammenstoß mit seinem Vordermann Manuel Akanji. Bürki ließ binnen 14 Minuten zwei Gegentreffer zu, an denen ihn aber keine Schuld traf. Nach Klostermanns Anschlusstreffer glich Dani Olmo für die Leipziger in der 77. Minute zum 2:2 aus.

Am anderen Ende des Spielfelds beobachtete die beiden Treffer wohlwollend der Leipziger Torwart Peter Gulacsi, an dem der BVB zuletzt Interesse gehabt haben soll - der seinen Vertrag in Leipzig aber soeben bis 2025 verlängert hat. Der Ungar schaute ab der 87. Minute allerdings nicht mehr wohlwollend drein, nachdem Sancho mit seinem zweiten Treffer - nach einem schönen Doppelpass mit Guerreiro und verblüffend luftigem Abwehrverhalten der Gäste - den 3:2-Endstand für Dortmund erzielt hatte.

Für die Leipziger ist diese Niederlage verschmerzbar, weil ihnen die Qualifikation für die Champions League kaum mehr zu nehmen ist. Am nächsten Donnerstag, wenn es um einen Titel geht, werden sie vermutlich mit mehr Esprit auftreten. Dann könnten Sörloth und Amadou Haidara in die Startelf zurückkehren.

Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann wollte das Spiel in der anschließenden Pressekonferenz nicht wie sonst detailliert analysieren - "weil wir ja am Donnerstag schon wieder spielen", wie er erklärte. Ein paar seiner Spieler, sagte er, hätten sich nicht gerade für eine Nominierung am Donnerstag empfohlen.

Bei den Dortmundern war der 1:0-Treffer für den Kapitän Reus der fünfte Treffer binnen acht Pflichtspielen. "Wir sind da!", sagte er nach dem Spiel kämpferisch. Weitere Siege für seinen BVB kämen ihm nun nicht ungelegen. Der Pokalsieg und die Champions-League-Qualifikation sind Dortmunds große Ziele. "Dieser Verein gehört in die Champions League", findet der BVB-Abteilungsleiter Sebastian Kehl. Die Mannschaft muss das aber trotzdem noch beweisen: nächsten Sonntag in Mainz und übernächsten Samstag gegen Leverkusen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5288624
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.