Süddeutsche Zeitung

Younes mit Geste für Hanau-Opfer:"Wir dürfen das einfach nicht vergessen"

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Frankfurts Offensivspieler Amin Younes überragt beim Sieg gegen den FC Bayern - mit großen Dribblings und einer großen Geste.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Mit der Anreise des Bundestrainers zu seinen Beobachtungsmissionen in der Bundesliga war das zuletzt ja so eine Sache. Vor einer Woche wollte sich Joachim Löw das Spiel in Leverkusen anschauen, aber dann blieb er auf der A5 liegen und musste passen. An diesem Samstag hingegen erwies er sich als besonders pünktlich. Da stand in der Tiefgarage der Frankfurter Arena schon eine Weile vor dem Anpfiff auf dem für ihn reservierten Parkplatz eine Karosse des DFB-Sponsors Volkswagen, während die für Bundestorwarttrainer Andreas Köpke und Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing vorgesehenen Nachbarbuchten noch leer waren.

Frankfurt ist nicht gerade eine von Löws bevorzugten Anlaufstationen. Auf der Seite der Gastgeber konnte man sich gar nicht daran erinnern, ihn in dieser Saison schon einmal bei einem Heimspiel gesehen zu haben. Aber immerhin hatte sich Löw mit dem Frankfurter 2:1-Sieg gegen den FC Bayern eine Partie ausgesucht, die ihn dazu animieren könnte, künftig öfter vorbeizuschauen. Das lag natürlich nicht an den diversen Münchner Auswahlspielern, die er bestens kennt, sondern am Frankfurter Amin Younes.

Der Offensivspieler hat schon eine Vergangenheit in der Nationalmannschaft, 2017 kam er rund um den erfolgreichen Confed Cup in Russland zu fünf Einsätzen, seitdem allerdings nicht mehr. Doch seit Wochen ist er in starker Form, neben dem am Samstag verletzt fehlenden 18-Tore-Angreifer André Silva ist er ein entscheidender Grund für die Offensivstärke und die Serie von inzwischen elf Partien ohne Niederlage - und beim Sieg gegen den FC Bayern war er der überragende Akteur, insbesondere in der ersten Hälfte. "Ich habe die beste Leistung gesehen, seitdem er bei uns ist", sagte Trainer Adi Hütter: "Das war absolute Weltklasse, er hat mir total imponiert heute."

Younes läuft an die Seitenlinie und hält ein Shirt hoch

Nach vier Minuten hatte Younes die erste große Chance zur Führung und nach elf Minuten war er mit einem Pass auf Filip Kostic der Initiator von Daichi Kamadas Führungstor. Nach einer Viertelstunde spitzelte er einen Ball gefährlich in den Strafraum, und kurz darauf versuchte er es mit einem 40-Meter-Lupfer, weil Münchens Torwart Manuel Neuer zu weit vor dem Tor stand, und verpasste nur knapp.

Ständig wuselte und flitzte und trickste Younes um die Münchner Gegenspieler herum, als hätten die alle einen Wendekreis wie Löws VW-Karosse, und nach einer guten halben Stunde gelang es ihm sogar, diese Leistung mit einem sehenswerten Treffer zu krönen: Halblinks vor dem Strafraum erhielt er ein Zuspiel, keiner griff ihn richtig an, und dann hielt er so präzise drauf, dass der Ball genau in den Winkel flog - und Younes an die Seitenlinie lief, um dort für den Jubel ein Shirt hochzuhalten, mit dem er der neun Opfer des rassistischen Attentates von Hanau vor einem Jahr gedachte. Auf dem Shirt war das Porträtfoto von einem der Opfer zu sehen, Fatih Saraçoğlu. "Wir dürfen das einfach nicht vergessen", sagte er am Tag nach der großen Gedenkfeier: "Man sieht, dass die ganze Stadt zusammenhält."

Kurz vor der Pause hatte Younes sogar noch die Gelegenheit zum 3:0, aber die vergab er - und nach dem Seitenwechsel war ihm anzumerken, dass sein starker Auftritt durchaus Kraft gekostet hatte. Eine Viertelstunde vor Schluss nahm ihn Hütter vom Platz. Er braucht ja auch noch ein paar Kräfte, wenn es in den nächsten Wochen darum geht, dass sich Eintracht Frankfurt für die Champions League qualifiziert - und Amin Younes selbst wieder näher an den Kreis der Nationalmannschaft rücken kann.

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