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Bundesliga:40 Millionen für Modeste? Nein, danke

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Von Philipp Selldorf, Köln

Schalkes Eric Maxim Choupo- Moting beim Aufwärmen zuzuschauen, ist ein Vergnügen. Während andere Profis sich zum Zweck des Einspielens damit begnügen, den Ball ordnungsgemäß zum Kollegen zurückzupassen, gibt Choupo- Moting eine Kleinkunstvorstellung, bei der er sein eigener Gast ist. Liebevoll lässt er den Ball über den Rücken laufen wie ein Kaninchen, er tanzt imaginäre Gegner aus und macht Hackentricks mit sich selbst.

Am Ball kann Choupo-Moting alles, das weiß man auf Schalke, seitdem er vor zweieinhalb Jahren aus Mainz kam. Bloß ein verlässlicher Torjäger wird er niemals mehr werden, das weiß man auf Schalke ebenfalls, und das fand man am Sonntag wieder bestätigt, als die technische Perfektion des in Hamburg geborenen Kameruners auf einmal an der simplen Ballannahme scheiterte - bei einer Eins-a-de-Luxe- Torchance zehn Minuten vor dem Ende der Bundesligapartie in Köln.

Unter anderem im Andenken an diese Szene geriet Schalkes Trainer Markus Weinzierl später ins Wunschträumen. "Wenn wir Modeste auf unserer Seite hätten, wären wir weiter vorn", sagte er. Den Wert des Anthony Modeste hatte die Partie zwischen dem 1. FC Köln und Schalke 04 wieder unzweideutig bewiesen. Selbstredend hatte der 28 Jahre alte Franzose nicht allein dafür gesorgt, dass der FC gegen ein tendenziell überlegenes Schalke ein 1:1 zustande brachte, aber es war sein phänomenaler Treffer, der den Kölnern entscheidend aus der Verlegenheit half. Modeste glich Alessandro Schöpfs frühe Führung (2.) durch ein Tor aus, das nicht nur der Zunftbruder Choupo-Moting auf diese Weise nie erzielen würde (außer beim Aufwärmen). Als der Kölner Mittelstürmer fern vom Schlussmann Ralf Fährmann den Ball aufnahm, schienen die Schalker die Situation stabil gesichert zu haben. Aber weil zwischen erstem und zweitem Ballkontakt - dem Torschuss - bloß eine Nanosekunde verging, lag der Ball plötzlich trotzdem im Netz. Modestes 17. Treffer in dieser Saison.

Und kaum hatte der mit durchschnittlichen Marktkenntnissen ausgestattete Fußball-Freund darüber nachgedacht, wie lange eigentlich Engländer, Ölscheichs und Chinesen so einen extrem torgefährlichen Mann frei herumlaufen lassen, ging auch schon die Nachricht herum: Ein Klub aus China, wo das Transferfenster noch geöffnet ist, wolle Modeste sofort kaufen und den FC mit 40 Millionen Euro entschädigen, so berichtete es der kicker. Der Klub bestätigte am Montag den Vorgang. Doch die Kölner lehnen das Geschäft ab. Nichts gegen 40 Millionen, die zur Beseitigung sämtlicher Schulden willkommen wären. Aber Modeste wird dringender gebraucht als ein unbelastetes Konto. "Wir werden unsere sportliche Zielsetzung nicht aufgrund eines Transfers gefährden", erklärte Manager Jörg Schmadtke.

Stöger stellt Modeste eine maximale Belobigung aus

Im Kölner Stadion herrschte in Anbetracht des vor allem in der zweiten Hälfte ansehnlichen Spiels gute Stimmung, bloß in einem Moment war es auf einmal sehr still. Als Modeste nach einem Zweikampf liegen blieb und Schmerzen am Arm anzeigte, erstarrte das Publikum in Entsetzen, als ob mitten am Tag Finsternis hereingebrochen wäre und Millionen Heuschrecken ausschwärmten. Doch Modeste setzte die Arbeit fort, und Peter Stöger sah zwar die Beschwerden des Angreifers, aber keinen Anlass, ihn vor sich selbst zu schützen. "Er ist ein wichtiger Faktor", sagte der Trainer - für seine Verhältnisse eine maximale Belobigung. Sorgen, dass Modestes Schmerzen auf einer gravierenden Verletzung beruhten, bestätigten sich nicht.

Die Kölner konnten das 1:1 mehr genießen als die Schalker. Sie hatten einen Konkurrenten um die vorderen Plätze auf Distanz gehalten. Für die Schalker liegen die ersehnten Europacup-Plätze weiterhin fern. Aber sie investieren in ihre Ambitionen. Manager Christian Heidel bestätigte, dass außer Nabil Bentaleb (19 Millionen Euro Ablöse an Tottenham Hotspur) auch der ebenfalls geliehene Jedven Konoplyanka übernommen werden soll (12 Millionen an FC Sevilla), obwohl dieser gegen Köln nicht mal im Kader stand. Choupo-Motings Verbleib auf Schalke ist offen, sein Vertrag endet im Sommer.

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SZ vom 21.02.2017
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