Süddeutsche Zeitung

Hängende Spitze:Döp, döp, döp

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Borussia Mönchengladbach ist Meister darin, eine Führung zu verspielen - so auch beim 1:1 gegen Heidenheim. Zu allem Überfluss lässt sich dazu auch noch höhnisch singen.

Glosse von Ulrich Hartmann

Eine Tor-Hymne ist von höchster Relevanz. Sie orchestriert Momente größten Glücks. Die Tor-Hymne ist beim Fußball emotional genauso bedeutend wie der Soundtrack beim Film. "Titanic" wäre nicht so traurig ohne Celine Dions "My Heart will go on", der "König der Löwen" nicht so happy ohne "Hakuna Matata" und der "Weiße Hai" nicht so spannend ohne das Stakkato der Kontrabässe.

Bei der Tor-Hymne geht es nicht so um Texte. Man singt nirgendwo "Freude schöner Götterfunken". Bei der Tor-Hymne geht es um Rhythmus und ums Feeling. Wenn bei Borussia Mönchengladbach ein Tor für die Heimelf fällt, dann dröhnt aus den Lautsprechern ein Beat, zu dem die Fans singen: "Döp döp döp dödö döp döp döp, dödöp döp döp dödö döp döp döp." Techno aus den Neunzigern.

Am Samstag sind die Gladbacher auswärts angetreten. Als sie in Heidenheim die 1:0-Führung erzielten, erklang keine Tor-Hymne. Laut wurde es erst beim Heidenheimer Ausgleich zum 1:1-Endstand. Die Gladbacher haben zum elften Mal in dieser Saison eine Führung verspielt. Die Punkte, die sie nach Führungen noch hergegeben haben, summieren sich auf 27. So viele Führungen gab in der Bundesliga gerade keine andere Mannschaft aus der Hand.

Als die Gladbacher den Ausgleich kassierten, vier Tage nachdem sie auch beim Pokal-Aus in Saarbrücken eine Führung verspielt und die deprimierendste Niederlage der Saison erlitten hatten, klang aus den Lautsprechern in Heidenheim der schlimmste Hohn. Die Heidenheimer haben zufällig dieselbe Tor-Hymne. Als die Gladbacher Frust schoben, dröhnte durchs Stadion: "Döp döp döp, dödö döp döp döp, dödöp döp döp, dödö döp döp döp." Nur zum besseren Verständnis: Für Gladbacher ist das ungefähr so, als erklänge beim Untergang der Titanic "Hakuna Matata".

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