Süddeutsche Zeitung

Verdacht auf gefährliche Körperverletzung:Staatsanwaltschaft klagt Jérôme Boateng an

Lesezeit: 2 min

Von Florian Flade und Benedikt Warmbrunn

Die Staatsanwaltschaft München I hat den Fußballspieler Jérôme Boateng vom FC Bayern München wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung an seiner ehemaligen Lebensgefährtin angeklagt. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft der Süddeutschen Zeitung und dem WDR. Demnach ermittelt die Polizei zusätzlich noch in einem zweiten Fall mutmaßlicher körperlicher Gewalt des früheren Nationalspielers gegen seine frühere Partnerin.

"Die Staatsanwaltschaft München I hat seit Herbst 2018 ein Verfahren gegen Jérôme Boateng wegen gefährlicher Körperverletzung geführt und nach umfangreichen Ermittlungen am 11. Februar 2019 Anklage zum Amtsgericht München erhoben", teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I auf Anfrage mit. "Überdies ermittelt die Polizei derzeit in einem weiteren Fall des Verdachtes der Körperverletzung zum Nachteil der gleichen Geschädigten."

Die Anklage liegt seit Februar beim Amtsgericht München, wurde aber noch nicht zugelassen. Eine Sprecherin des Amtsgerichts München bestätigte auf Anfrage, dass sich der Fall derzeit im sogenannten "Zwischenverfahren" befinde. Der zuständige Richter habe weitere Ermittlungen angeordnet und noch nicht über eine Zulassung der Anklage entschieden. Offenbar gibt es in der Sache unterschiedliche Ansichten zwischen Gericht und Anklagebehörde. "Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum das Gericht so lange mit einer Entscheidung über die Anklage wartet", hieß es bei der Staatsanwaltschaft.

Die Anwaltskanzlei, die Boateng vertritt, erklärte, es gehe um einen privaten Sachverhalt, der im Wesentlichen auf unbewiesenen Behauptungen Dritter beruhe. Die Medien sollten sich nicht zum Spielball privater Interessen machen lassen.

Boateng und seine einstige Lebensgefährtin waren zehn Jahre lang ein Paar und haben zwei gemeinsame Kinder.

Boateng spielt seit 2011 für den FC Bayern, 2013 gewann er mit dem Team die Champions League; er galt damals als einer der besten Innenverteidiger der Welt. Im Sommer 2014 wurde er mit der deutschen Nationalmannschaft in Brasilien Weltmeister. In den folgenden Jahren wurde er einer der prominentesten Köpfe der Mannschaft. 2016 wurde Boateng zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt.

Bei seinem Verein wurde er jedoch vor allem von den Bossen immer kritischer gesehen. Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge warfen ihm einen unprofessionellen Lebenswandel vor, da er Brillenkollektionen entwarf, einem Lifestyle-Magazin seinen Namen gab, zu Fashion-Shows reiste oder im April, nach dem Spitzenspiel in der Liga gegen Dortmund, eine Party in einer Münchner Disco veranstaltete. Boateng selbst ist der Meinung, dass ihn diese Freizeitaktivitäten nicht von seiner Arbeit als Fußballprofi abhalten.

Ende Mai empfahl Hoeneß Boateng einen Wechsel, da dieser wie ein "Fremdkörper" wirke. Der Abwehrspieler wollte den Verein ebenfalls unbedingt verlassen, bekam aber lange keine Angebote. Am Wochenende scheiterten dann Verhandlungen mit Juventus Turin. Boatengs Vertrag in München läuft noch bis Sommer 2021.

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