Süddeutsche Zeitung

Alphonso Davies:Hybridspieler mit Highspeedgrätsche

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Comeback nach fast vier Monaten Pause: Der Außenrenner Alphonso Davies kehrt gegen Villarreal zurück, rettet spektakulär und steht taktisch im Zentrum der Überlegungen von Trainer Julian Nagelsmann.

Von Christof Kneer

Nein, schuld war Alphonso Davies nicht am ersten Gegentreffer. Er ließ Gerard Moreno passieren und nach innen spielen, aber in diesem Moment roch es noch nicht unbedingt nach Tor. Es brauchte schon noch ein paar Mitspieler, die sich an Davies und seiner Passivität ein Beispiel nahmen. Immerhin war der Kanadier damit der erste in einer Münchner Fehlerkette, was allerdings nicht der Hauptrolle entsprach, die Julian Nagelsmann für ihn vorgesehen hatte.

Davies, 21, spielt nur auf der Außenbahn, aber für seinen Trainer steht er im Zentrum vieler Überlegungen. Das war eine Erkenntnis dieses Spiels, noch bevor es begonnen hatte. Nahezu vier Monate war der junge Kanadier raus aus dem Spielbetrieb, nach einer Corona-Infektion und anschließender Herzmuskelentzündung, und eine jahrhundertalte Branchenweisheit besagt, dass Spieler nach so langer Pause erstmal langsam herangeführt werden. Nagelsmann warf Davies aber gleich wieder in seine Startelf, was viel über Davies, aber noch mehr über seinen Trainer erzählt. Es war eine Ironie dieses Abends, dass Nagelsmann endlich wieder das Personal für seinen Nagelsmann-Fußball zusammen hatte - und dieser Fußball trotzdem erstmal nicht funktionierte.

Die Bayern interessieren sich für den Niederländer Mazraoui - ein Typ wie Davies

"Wir wollen heute verschiedene Grundordnungen spielen, und mit Phonzy bekommen wir diesen Switch am besten hin", sagte der Trainer vor dem Spiel. Aus dem Nagelsmannschen ins Deutsche übersetzt bedeutet das, dass der Linksverteidiger Davies sowohl vor einer Dreier- als auch in einer Vierer-Abwehrkette spielen kann und dem Trainer damit dessen geliebten asymmetrischen Spielaufbau ermöglicht. Davies ist so schnell, dass er nach vorne jeden Gegenspieler überrennen kann, und wenn er beim Überrennen hängenbleibt, reicht die Schnelligkeit immer noch, um den eingebüßten Ball mit einem kurzen, knackigen Sprint zurückzuholen.

Am liebsten hätte Nagelsmann einen doppelten Davies - hätte er denselben Spielertypen auch noch auf der rechten Seite, wäre er ein glücklicher Trainer. Auf rechts fehlt ihm allerdings so eine Hybridbegabung; rechts bietet ihm sein Kader entweder offensive (Gnabry) oder defensive Spieler (Pavard), aber eben keine Switchspieler wie Davies - was das Interesse am niederländischen Rechtsverteidiger Noussair Mazraoui, 24, von Ajax Amsterdam erklärt, den die Bayernscouts im Davies-Verdacht haben.

Es war nicht ohne Risiko, den jungen Mann nach langer Pause schon in dieses Viertelfinale zu schicken, und tatsächlich wirkte Davies' Spiel am Anfang weniger flüssig als gewohnt. Umso erstaunlicher war zu sehen, wie der Kanadier mit jeder Minute immer wärmer wurde mit diesem Spiel, sein Tempo und sein Enthusiasmus taten den Bayern extrem gut und gipfelten in jener Highspeedgrätsche, mit der Davies das 0:2 verhinderte (57.). Gut möglich, dass Nagelsmann seinen Switchspieler am Wochenende gegen Augsburg nicht von Anfang an spielen lässt - er braucht ihn am kommenden Dienstag ja dringend bei vollen Kräften, im Rückspiel gegen den FC Villarreal.

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