Süddeutsche Zeitung

Bayern-Sieg in Hannover:Schrecklich effektiv zum Riesenvorsprung

Lesezeit: 4 min

19 Punkte vor Leverkusen: Der FC Bayern gewinnt völlig ungefährdet 4:0 bei Hannover 96 und beweist, dass auch im Bundesliga-Alltag alle hoch konzentriert bleiben. Trainer Pep Guardiola rotiert wieder - Tom Starke darf daher einmal mehr ohne Gegentor bleiben.

Bastian Schweinsteiger war lange weg, er hatte lange von draußen mit anschauen müssen, wie drinnen der FC Bayern ohne ihn spielt. Schweinsteiger ist schon ein paar Tage dabei, er kennt die Branche, er weiß, wann man weghören muss, aber dennoch war ihm das Geraune nicht entgangen: Brauchen diese dauerinspirierten Dauersieger diesen Schweinsteiger überhaupt noch? Findet der Schweinsteiger überhaupt noch mal rein in diesen neuen Stil, diesen neuen Fußball?

Es dauerte 25 Minuten, bis zumindest die zweite Frage beantwortet war: Ja, Schweinsteiger findet noch mal rein. Genüsslich passte er sich am frühen Sonntagabend in Hannover an jenen neuen Stil an, den die Bayern in seiner Abwesenheit entwickelt haben: Neuerdings nutzen die schrecklich effektiven Bayern meist schon die erste Torchance. Diesmal nutzten sie die erste Torchance dank Schweinsteiger: Der Rückkehrer löste einen Engpass in der Mitte mit schönem Diagonalpass nach außen auf, von draußen flankte Rafinha, drinnen erzielte Müller per Kopf das 0:1.

Natürlich ahnten die Hannoveraner, was das bedeutete: Es bedeutete, dass natürlich auch diese Partie mit einem Bayern-Sieg enden würde. 4:0 hieß es schließlich, womit die Bayern ihren Vorsprung in der Tabelle auf 19 Punkte ausbauten. "Die Großen sind auch im Alltag stark, das ist das, was Pep immer sagt", sagte Sportchef Matthias Sammer nach dem Spiel. Es zeichne die Mannschaft aus, dass sie auch nach einem Höhepunkt wie dem Arsenal-Spiel hoch konzentriert bleibe. "Wir haben eine gute Gruppendynamik, eine gute Hygiene", sagte Sammer, " und wir wollen uns in der Liga weiter absetzen."

Hannovers Trainer Tayfun Korkut hatte sich viel Mühe gegeben vor diesem Spiel, er hat seine Elf präzise vorbereitet und sich auch entschieden, ein paar mutige Sätze loszuwerden. Man werde es versuchen gegen die Bayern, man sei keineswegs chancenlos, solche Sachen; ein bisschen Recht hatte er ja, sie haben's ja wirklich ein bisschen versucht.

Aber chancenlos waren sie doch, und das ist das, was die Liga allmählich in die Verzweiflung treibt. Man kann es machen wie Korkut oder die Trainerkollegen Schneider (Stuttgart) und Verbeek (Nürnberg), die ihre Teams zum mutigen Widerstand ermunterten; man kann es machen wie der Kollege Veh (Frankfurt), der seine Besten draußen ließ und quasi vorab die Waffen streckte. Am Ende kommt immer das Gleiche heraus: eine Niederlage.

Pep Guardiola nutzt diese komfortable Situation, um im laufenden Spielbetrieb immer wieder ein paar Versuchsreihen einzulegen. Er kann Spieler schonen, er kann Spieler testen, er kann den Kader sowohl unter Spannung als auch bei Laune halten. Diesmal erinnerte er sich bei seinem Bespaßungsprogramm an einen Profi, der in dieser Saison nur beim Knipsen des Mannschaftsfotos aufgefallen war: Torwart Tom Starke. Im April 2013 bestritt er sein letztes Punktspiel für die Bayern, nun durfte er mal wieder Manuel Neuer ersetzen.

Neuer hat ja gerade erst das Spiel gegen Arsenal entschieden, zur Belohnung durfte er sich jetzt ein Spiel des FC Bayern im Sitzen anschauen, kostenlos, auf einem hervorragenden Platz. Neben ihm saßen Arjen Robben und Toni Kroos, und sie sahen neben Starke eben auch dieses Talent namens Schweinsteiger spielen. Guardiola ist zwar nicht der Meinung, dass der Mittelfeldspieler nach fast viermonatiger Verletzungspause schon genügend Wettkampfhärte für die engen Spiele hat - aber gut, für die Bundesliga reicht's natürlich.

Glücklicher Guardiola: Er kann Bastian Schweinsteiger für die großen Spiele warmlaufen lassen und dabei sehen, wie er nebenher das Spiel mit entscheidet. Auch das 0:2 trug Schweinsteigers Copyright: Über Hannovers Abwehr hinweg schlenzte er einen Pass in den Strafraum, hinter Hannovers Abwehr nahm Thiago den Ball mit der Brust an und schoss ihn cool ins Tor (34.).

"Für mich war es wichtig, so ein Spiel zu spielen, ohne Probleme zu haben", sagte Schweinsteiger, der in seinen Prognosen aber lieber vorsichtig bleibt: "Heute hab ich mich sehr gut gefühlt, ich hoffe, dass ich mich auch weiter so gut fühle, damit ich bald wieder 100 Prozent bringen kann."

Vielleicht wird das am Ende sogar noch ein Modell für Bundestrainer Löw: Im zentralen Mittelfeld des FC Bayern ordneten zwei Original-Münchner das Spiel, Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm. Für den Fall, dass Löw seinen Kapitän Lahm von der Rechtsverteidigerposition wegnimmt, bietet der FC Bayern ihm allerdings keinen adäquaten Ersatz. Den quirligen Rechtsverteidiger der Bayern kann Löw bei der WM schlecht nehmen, der heißt Rafinha und spielt in Brasilien für Brasilien.

Man wolle nicht zu den Teams gehören, die hinterher froh seien, dass sie nur drei oder vier Tore kassiert hätten, hatte Hannovers Trainer Korkut vor dem Spiel gesagt. Der Vorsatz war ebenso ehrenwert wie nutzlos: Nach 66 Minuten stand es schon 0:4. Erst traf Müller nach scharfem Pass von Alaba und Hackentrick-Vorlage von Mandzukic (59.), sieben Minuten später traf Mandzukic per Kopf, nach einer Flanke des quirligen Rechtsverteidigers, den Joachim Löw auf keinen Fall nehmen kann.

Bastian Schweinsteiger hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst irgendwo in die Tiefe des Spielfelds zurückgezogen, er konnte sich jetzt in Ruhe an den Rhythmus des Spiels gewöhnen. Er machte jene Meter, die er braucht, um vielleicht einmal wieder jener Schweinsteiger zu werden, der er mal war. 72 Minuten gönnte ihm Guardiola, dann schickte er Pizarro für ihn aufs Feld; zuvor hatte der Coach schon Kroos und Robben eingewechselt, auch sie sollten ruhig noch ein bisschen gute Laune haben.

Manuel Neuer blieb draußen auf seinem Sitzplatz, aber er ist so unumstritten, dass ihn die Bilanz des Kollegen nicht schrecken dürfte. Vier Ligaspiele hat Tom Starke jetzt für Bayern bestritten, dabei gab es vier Siege und null Gegentore.

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Quelle:
SZ vom 24.02.2014
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