Süddeutsche Zeitung

Basketball:"Wir müssen besser auf den Ball aufpassen!"

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Trotz des Ausgleichs in der Halbfinal-Serie gegen die Riesen Ludwigsburg mahnen die FC-Bayern-Profis vor den nächsten Duellen zur Vorsicht.

Von Joachim Mölter

Bevor Mitte Mai die K.-o.-Runden um die deutsche Basketball-Meisterschaft begannen, musste natürlich auch Alexander Reil Auskunft geben über das Ziel seines Klubs, der MHP Riesen Ludwigsburg. Die hatten ja erstmals in ihrer Geschichte die Bundesliga-Hauptrunde als bestes Team hinter sich gebracht, mit 60:8 Punkten noch vor Titelverteidiger Alba Berlin (56:12), da träumt der Vereinspräsident doch sicher vom ersten Titel, oder? Tat Reil aber nicht, er sagte bloß: "Wir sind seit dem 12. Mai 2019 zu Hause ungeschlagen, und wir würden diese Serie gern über die Playoffs hinaus fortsetzen."

Eleganter konnte Reil die Wörter Meisterschaft und Titelgewinn nicht umdribbeln und trotzdem genau diese Ziele nennen. Weil die Riesen für Platz eins mit dem durchgängigen Heimvorteil in allen Best-of-five-Serien der Playoffs belohnt wurden, ergab sich daraus, dass sie nur weiter ihre Heimspiele gewinnen mussten, um am Ende als Meister dazustehen.

FC-Bayern-Trainer Trinchieri reicht ein Wort für die Leistung seines Teams: "Besser."

Am Montagabend hat der FC Bayern München dieses Vorhaben erst einmal durchkreuzt, im Halbfinale brachte er den Riesen die erste Heimniederlage seit zwei Jahren bei, nach 30 Siegen nacheinander. Da Ludwigsburg das erste Duell am Samstag knapp gewonnen hatte (101:98), glichen die Münchner die Serie mit dem 82:72 (42:33)-Erfolg nun aus. Die nächsten beiden Spiele finden in München statt, am Mittwoch und am Freitag (jeweils um 20.30 Uhr), und falls die FC-Bayern-Profis die gewinnen, war's das für Ludwigsburg in dieser Saison - dann zögen die Münchner in die Finalserie ein. Also sagt der Riesen-Coach John Patrick: "Wir müssen versuchen, ein Spiel in München zu klauen." Falls das gelänge, käme es am Sonntag zu einem Entscheidungsspiel, dann wieder in Ludwigsburg.

In München sind sie bemüht, Heimsiege gegen Ludwigsburg nicht als Selbstverständlichkeit zu erwarten. "Wir haben es mit einem guten Team zu tun, also müssen wir ruhig bleiben", mahnte Trainer Andrea Trinchieri. Da haben sie aus der schmerzhaften Auftaktniederlage gelernt, bei der sie die Gastgeber offensichtlich nicht so ernst genommen hatten, wie es ihnen gebührte. Sie ließen sich gleich am Anfang überrollen (13:29/10.) und holten diesen Rückstand nicht mehr auf. "Manchmal habe ich das Gefühl, mein Team braucht einen Schlag ins Gesicht, um in die Gänge zu kommen", sagte Trinchieri.

Am Montag ging es ähnlich schlecht los, doch diesmal schlugen die Münchner früher zurück. Nach fünf Minuten und einem Rückstand von 4:13 nahm Trinchieri eine Auszeit und stellte um. Die Hereinnahme des am Samstag wegen einer Migräne fehlenden Zan Mark Sisko für den derzeit etwas indisponierten Spielmacher Wade Baldwin und später die von D.J. Seeley zahlte sich umgehend aus.

Sisko brachte Ruhe, Ordnung und Struktur ins Münchner Angriffsspiel, er setzte seine Mitspieler immer wieder in Szene und gab acht Vorlagen, die direkt zu Körben führten. Und Seeley steuerte in 21 Minuten Einsatzzeit 22 Punkte bei. "Unsere Intensität und der Fokus waren besser heute", fand der Amerikaner. Sein Trainer stimmte zu: "Das entscheidende Wort heute ist: besser." Das sei sein Team in jeder Hinsicht gewesen im Vergleich zum Samstag - in der Abwehr, in der Konzentration, in den individuellen Leistungen. Jedoch gab Seeley zu bedenken: "Wir haben uns heute schwer getan mit den Ballverlusten. Wir müssen besser auf den Ball aufpassen."

Was den Münchnern auch noch Sorgen machen sollte neben der hohen Zahl von Ballverlusten (15 am Samstag, 19 am Montag), ist die Verteilung der Einsatzzeit: Vladimir Lucic und Paul Zipser (beide 14 Punkte) sowie Robin Amaize und Sisko standen jeweils mehr als 28 Minuten auf dem Parkett, vor allem der seit Wochen meistbeschäftigte Lucic schnaufte am Ende seiner 32-Minuten-Schicht bedenklich. Zudem trippelte dieses Quartett mit je vier Fouls am Rande des Ausschlusses - und abgesehen von den Centern Jalen Reynolds (zwölf Punkte) und Leon Radosevic (acht) drängt sich derzeit keine größere Entlastung von der Bank auf.

Trotz aller spürbaren Belastung und sichtbaren Ermüdung forderte D.J. Seeley vor den nächsten Einsätzen: "Wir müssen diese Intensität und Energie jetzt weiter bringen." Ludwigsburgs Coach John Patrick empfahl seinen Profis derweil, den Kopf frei zu kriegen, "alles zu vergessen und in München einfach nur zu spielen". Dass der Heimnimbus weg ist, stört den Amerikaner jedenfalls nicht. "Wir sind die Underdogs jetzt", sagte er, "vielleicht ist das besser für uns."

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