Süddeutsche Zeitung

Basketball:Der Beginn einer neuen Saison

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In 22 Versuchen gelangen Medi Bayreuth nur drei Siege. Doch die Oberfranken zeigen auch beim 79:80 gegen den FC Bayern München, dass sie noch lange nicht bereit sind, die Bundesliga-Ära zu beenden. Hoffnung macht ein neuer Guard.

Von Christoph Leischwitz

Als Ignas Sargiunas einen Ball klaute und den Gegenstoß zum 22:11 in den Korb legte, herrschte in der Oberfrankenhalle alles andere als Abstiegsstimmung. So weit, so selbstverständlich - schließlich kann man als Tabellenletzter der Basketball-Bundesliga nicht davon ausgehen, gegen den FC Bayern mal zweistellig zu führen. Beachtlicher war da schon, dass auch beim Endstand von 79:80 keine Abstiegsstimmung herrschte. Die Mannschaft von Trainer Mladen Drijencic, 57, hatte sich einen unerwartet spannenden Kampf mit dem Meisterschaftsaspiranten geliefert. Letztlich war es für Medi Bayreuth ein Spiel, das Frust und Hoffnung gleichermaßen brachte.

"Das hier", sagt die 45-jährige Yvonne auf die Frage, was denn noch Hoffnung macht. Es ist gerade Halbzeit gegen Bayern, es steht 52:46 gegen den großen Favoriten. Nein, die Mannschaft habe sich noch lange nicht aufgegeben, und die Stimmung sei auch in den vergangenen Monaten nie richtig schlecht gewesen. Neben ihr steht der 36-jährige Sebastian, beide gehören zum Fanklub der Bayreuth Bats. Sebastian geht seit 21 Jahren zu den Heimspielen der Basketballer, auch ein Umzug nach Fürth konnte ihn nicht von der regelmäßigen Fahrt zur Oberfrankenhalle abhalten. Er sagt, dass man der Mannschaft keinen Vorwurf machen könne. Aber auch: "Die Leute in Bayreuth hat ein wenig aufgeregt, dass so lange nichts passiert ist." Er hoffe sehr, dass die jüngsten Verpflichtungen, also auch jene des neuen Trainers Mladen Drijencic vor fünf Wochen, nicht zu spät kommen: "Hoffentlich fehlt uns am Schluss nicht genau ein Sieg". Was im Umkehrschluss aber auch bedeutet, dass die Fans noch von einigen weiteren Erfolgen ausgehen, dabei waren es bisher erst drei in 22 Versuchen.

"Medi Bayreuth war die letzten 13 Jahre das Aushängeschild der Sportstadt Bayreuth", sagt der stadtbekannte Hallensprecher Christian Höreth kurz vor dem Spiel. Aus seinen Aussagen ist herauszuhören: Die Welt würde auch jetzt nicht untergehen, wenn die Mannschaft tatsächlich aus der Basketball-Bundesliga (BBL) absteigen sollte. Für beide Szenarien, so ist aus dem Verein zu hören, steht ein neues Team aus Sponsoren und Machern bereit, die das Vakuum nach dem Abschied von Gesellschafter Carl Steiner füllen werden - eine Mischung aus altbekannten Gesichtern und jüngeren.

Es gehe auf jeden Fall weiter, man wolle im Falle des Abstiegs auch so schnell wie möglich wieder hoch. Leicht wird das natürlich nicht. Schließlich fehlt ja jetzt schon Geld, um dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein. Hinzu kommt, dass der Erfolg anderer Sportarten natürlich auch Aufmerksamkeit abzieht. Sollte den 200 Meter entfernten Fußballern der Verbleib in der dritten Liga gelingen, ist es selbst in der Bundesliga schwer, als Basketballklub das Aushängeschild zu bleiben.

Bayern-Trainer Andrea Trinchieri lobt nach einem "harten Fight" die Guards des Gegners

Steiner hat seinen Rückzug angekündigt, noch aber hat er sich nicht zurückgezogen. Vor der Länderspielpause, beim Heimspiel gegen Ludwigsburg vor einem Monat (94:108), griff der langjährige Namensgeber in der Halbzeit zum Mikrofon und erklärte noch einmal, dass er alles tun werde, um die Mannschaft in der Bundesliga zu halten. Um dem Unterfangen noch ein Argument mitzuliefern, kündigte er auch gleich noch die Verpflichtung eines neuen Spielers an. Im Auswärtsspiel in Ludwigsburg, einem Nachholspiel aus der Hinrunde, stand der neu verpflichtete Aufbauspieler Otis Livingston II dann auch schon mit auf dem Feld. Der Plan, dass Livingstons Präsenz mehr Freiraum für Spielmacher Brandon Childress schaffen sollte, ging prompt auf, Medi ist auf dieser Position nun endlich konkurrenzfähig.

Es wurde auch gegen die Bayern deutlich, dass Livingston eine Menge frischen Schwung ins Bayreuther Spiel bringt, vor allem in die Offensive. Er ist Ruhepol für das eigene Team und Unruheherd für den Gegner zugleich, sammelt Punkt um Punkt und eine Menge Assists. Und dank ihm konnte Childress nach einem furiosen ersten Viertel mit elf Punkten auch mal ein paar Minuten auf der Bank verschnaufen. Erstaunlich lange blieben die Gastgeber gegen den klaren Favoriten in Führung und gaben sich auch nicht auf, als die Dreier plötzlich nicht mehr fielen und das dritte Viertel 10:19 verloren ging.

Die Bayern waren nicht in bester Verfassung nach Oberfranken gereist. In der Euroleague hatten sie am Donnerstag deutlich bei Olympiakos Piräus verloren, am Freitag steht das nächste Duell gegen Dauerkonkurrent Alba Berlin an. Ihr Trainer Andrea Trinchieri lobte dann auch nach einem "harten Fight" die "aggressiven" Guards des Gegners. Und fand, dass Bayreuth mit diesen beiden sicher bald auch wieder siegen werde.

Diesmal jedoch nicht. In den Schlussminuten fehlte den Gastgebern wieder die Genauigkeit im Abschluss, ein Dreier von Livingston hätte die Verlängerung gebracht, doch letztlich blieb Routinier Bastian Doreth nur ein Zwei-Punkte-Abstauber. Livingston legte die Hände auf seine Strubbelfrisur und blickte ungläubig auf die Anzeigetafel: 79:80, Ende. Wieder alles umsonst?

Nicht ganz. Sie haben in der Länderspielpause die "neue Saison" ausgerufen, alles, was davor geschah, soll vergessen sein. "Diese Leistung macht Hoffnung für die letzten zwölf Heimspiele", schrie Höreth nach dem Spiel ins Hallenmikro, die Zuschauer jubelten, der Spieltag endete mit minutenlangem Applaus. Sie sind noch lange nicht bereit, die Bundesliga-Ära zu beenden.

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