Süddeutsche Zeitung

Euroleague:Wenn der Groove kommt

Lesezeit: 3 Min.

Die Basketballer des FC Bayern zeigen beim Euroleague-Sieg gegen Virtus Bologna, dass ihre Teamentwicklung weiter voranschreitet. Ihr 2,16-Meter-Center Danko Brankovic bekommt ein Extralob von Trainer Pablo Laso.

Von Ralf Tögel

Kurz vor dem Ende der Partie zeigte sogar Daniel Hackett Nerven. Der 35-jährige Routinier von Virtus Bologna, ehemaliger Basketball-Nationalspieler und in unzähligen Partien in der europäischen Königsklasse erprobt, versetzte seinem Gegenspieler Carsen Edwards unvermittelt einen Stoß gegen die Brust. Um dem US-Guard in Diensten des FC Bayern noch ein paar augenscheinlich unschöne Worte mitzugeben. Edwards blickte verdutzt, zumal Hackett keinen Ruf als Raufbold genießt. Der Italiener jedenfalls kassierte ein technisches Foul, sein Team aus Bologna ein paar Minuten später eine deutliche 76:90-Niederlage - vor den Augen von Fußballtrainer Thomas Tuchel, der erstmals der zweiten Münchner Profiabteilung zusah.

Die Reaktion des italienischen Spielmachers offenbarte, dass sich die Bolognesi die Partie wohl ganz anders vorgestellt hatten. Wahrscheinlich so wie zu Beginn, als die Gastgeber reichlich behäbig wirkten. 20 Minuten lang schienen sie nicht recht bei der Sache zu sein, was sich schnell auf der Anzeigetafel bemerkbar machte. Vor allem Marco Belinelli, der mit 22 Punkten beste Schütze der Bolognesi, und Tornike Shengelia, wie Kollege Hackett eine erfahrene Topkraft auf europäischer Ebene (15 Punkte), tobten sich aus. Auch unter den Körben waren Center Bryan Dunston (10) und die Routiniers körperlich überlegen, was Mitte des zweiten Viertels zu einem deutlichen 37:23-Vorsprung führte. "Vielleicht sage ich ihnen das nächste Mal, dass das Spiel um halb neun losgeht", spottete Bayern-Chefcoach Pablo Laso später.

Serge Ibaka und Devin Booker, Münchens Wandschränke, drehen das Spiel

Allmählich jedoch begann der FCB sich etwas wirkungsvoller zur Wehr zu setzen, wobei wie beim Gegner die athletischen Akteure vorangingen. Serge Ibaka und Devin Booker, 2,13 und 2,05 Meter groß und beide Athleten im Wandschrankformat, setzten wichtige Impulse - und den Italienern zusehends unter den Körben zu. Vor allem Ibaka, 34, ebenfalls sehr erfahren und in der NBA gestählt, war von Bologna kaum zu stoppen und erzielte mit 24 Punkten und 13 Rebounds seinen bisherigen Bestwert in der Euroleague. So waren es die großen und erfahrenen Spieler, die das Spiel drehten: Neben Ibaka setzte sich Booker, 32, immer wieder mit krachenden Dunks in Szene und fing Rebounds ein (12 Punkte, sechs Rebounds), zur Halbzeit waren die Münchner mit 44:46 Punkten wieder dran.

Und als Trainer Pablo Laso beiden zunehmend Pausen gönnte, auch weil sie Gefahr liefen, bei weiteren Fouls vorzeitig vom Feld zu müssen, sprang Danko Brankovic in die Bresche. Der Kroate überragt mit seinen 2,16 Metern Länge sogar Ibaka und ist unter dem Korb schwer zu überwinden. Freilich fehlen dem 22-jährigen Center die Erfahrungswerte mancher Kollegen, aber "Danko hat verstanden, was wir brauchen, und verbessert sich jeden Tag", sagte Laso.

Der Bayern-Trainer erinnerte sich grinsend an seine ersten Eindrücke von Brankovic, die nicht sonderlich überzeugend waren. Als er ihn gegen Panathinaikos in der Vorbereitung testete, habe er gedacht: "Willkommen in der Euroleague." Diese Ansicht revidierte der Spanier, dessen anfänglicher Unmut am Abend gegen Bologna immer besserer Laune wich, nun gründlich: "Danko hat uns sehr viel von der Bank gegeben, er hat gut verteidigt, Schüsse und Freiwürfe getroffen. Er war ein sehr wichtiger Teil unseres Sieges heute." Zudem sei der Kroate ein "sehr intelligenter Spieler", mit einem großen Willen, weiterzulernen.

Als sich dann auch die Guards von den groß gewachsenen Kollegen mitreißen ließen, zeichnete sich Bolognas Niederlage endgültig ab: Das letzte Viertel ging mit 20:10 Punkten an die Münchner. Für Laso war es ein weiterer Schritt nach vorn, seine Mannschaft harmoniert immer besser, die Spieler bringen ihre Stärken zusehends im Kollektiv zur Geltung. In den Worten von Nationalspieler Isaac Bonga: "Wir spielen immer besser zusammen und haben gezeigt, dass wir auch die Teams schlagen können, die vor uns stehen. Wir kommen langsam in einen Groove." In der Tabelle haben sich die Münchner nicht bewegt, sie bleiben auf Rang 13, allerdings ist in dem extrem engen Rennen um die Playoffs der Fünfte Panathinaikos Athen nur einen Sieg besser.

Schon am Sonntag wollen die Münchner wieder grooven, dann im Bundesliga-Duell (17 Uhr) bei Alba Berlin. Die Berliner sind derzeit schwer angeschlagen, Letzter in der Euroleague und Sechster in der Bundesliga, auch weil ihnen wichtige Spieler verletzt fehlen. Für Carsen Edwards (12 Punkte), der wie Sylvain Francisco (13) und Bonga (10) zweistellig punktete, ist das aber kein Grund zur Sorglosigkeit: "Das Team hat wieder einen Schritt nach vorn gemacht, aber in Berlin müssen wir den nächsten gehen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen für 0,99 € zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6312922
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.