Süddeutsche Zeitung

Basketball-Euroleague:"Ein unglaubliches Gefühl"

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Im achten Anlauf gewinnt der FC Bayern erstmals gegen ZSKA Moskau. Mit dem Sieg beim Titelverteidiger festigen die zuletzt schwächelnden Münchner ihren Playoff-Platz.

Von Joachim Mölter, Moskau/München

Einen einzigen Wunsch für dieses Jahr hat der Basketball-Trainer Andrea Trinchieri geäußert, nachdem seine FC-Bayern-Profis am 30. Dezember den FC Barcelona 90:77 besiegt und die Hinrunde der Euroleague auf Platz vier abgeschlossen hatten: "Ich will wieder Fans in der Arena sehen - 500, 5000, 10 000, egal, wie viele. Ich will einfach wieder etwas Stimmung und ein paar Emotionen spüren."

Nach nicht einmal einem Monat ist Trinchieris Wunsch bereits in Erfüllung gegangen. Am vorigen Dienstag spielte er mit seiner Mannschaft im Moskauer Vorort Khimki auf, dort sind wieder Zuschauer zugelassen worden - immerhin 334 waren da. Und am Freitag gastierten die Münchner direkt in der russischen Hauptstadt, beim einstigen Armeesportklub ZSKA. Dessen 14 000 Menschen fassende Megasport Arena ist seit Saisonbeginn durchgehend offen für eine eingeschränkte Zahl von Besuchern - am Freitag wurden 4516 gezählt.

Dass Trinchieri am Ende der Dienstreise schwärmte, "wir fahren mit einem unglaublichen Gefühl nach Hause", lag freilich nicht nur an der lange vermissten Zuschauerkulisse, sondern vor allem an den Ergebnissen. Erst hatten die FC-Bayern-Basketballer knapp beim Tabellenletzten Khimki gewonnen (95:93) und dann auch beim Tabellenzweiten ZSKA (69:66). "Ich bin super zufrieden", sagte Trinchieri nach dem Erfolg beim Titelverteidiger, dem ersten für den FC Bayern im achten Duell auf höchster europäischer Ebene.

Nick Weiler-Babb sorgt für den Sieg über Khimki - dafür wird er als "Spieler der Woche" geehrt

Mit den beiden Auswärtssiegen und einer Bilanz von nun 14:9 Erfolgen haben die zuletzt schwächelnden Münchner ihren Playoff-Platz als Fünfte des Klassements wieder gefestigt, zumal die direkten Konkurrenten fast alle verloren haben am 23. Spieltag: Zenit St. Petersburg (13:8 Siege, aber mit noch zwei Nachholpartien), Zalgiris Kaunas (13:10), Olympiakos Piräus und Valencia Basket (beide 11:12). Nur Fenerbahce Istanbul (13:10) bleibt im gleichen Abstand.

Darüber hinaus freuten sie sich beim FC Bayern über eine individuelle Auszeichnung: Ihr Guard Nick Weiler-Babb, 25, wurde für seine Leistung gegen Khimki als "Most valuable player" (MVP) der Woche geehrt, als wertvollster Spieler. Er ist nach Vladimir Lucic und Wade Baldwin bereits der dritte Münchner, dem das in dieser Saison gelang. Weiler-Babb hatte 13 seiner 25 Punkte im Schlussviertel erzielt und damit seine Mannschaft als Sieger über die Zeit gebracht; zudem verbuchte er acht Rebounds, fünf Vorlagen und zwei Ballgewinne - kein anderer war in der vorigen Woche so erfolgreich. Der von den Münchnern nachverpflichtete James Gist war mit 19 Punkten und acht Rebounds aber auch nicht schlecht.

Drei Tage später bei ZSKA lief es nicht so gut für die beiden, Gist kam auf zwei Punkte, Weiler-Babb nur auf einen. Dafür sprangen Baldwin (22 Punkte), Dennis Seeley (17) und Jalen Reynolds (16) ein. "Alle haben beigetragen und das getan, was sie tun sollten", fand Spielmacher Baldwin. Für ihn war "mental toughness" der wichtigste Grund für den Erfolg - "mentale Härte". Trainer Trinchieri nannte es "unermüdlichen Willen". Zu Beginn des Schlussviertels lag der FC Bayern jedenfalls 50:60 zurück, in den letzten zehn Minuten gestattete er den Gastgebern aber nur noch sechs Punkte. Es ist den ZSKA-Basketballern nicht oft passiert in ihrer Geschichte, dass sie so selten in den Korb trafen in einem Viertel.

Vor der Partie suspendiert ZSKA Mike James, den besten Korbjäger der ganzen Liga

Bei ihren Erfolgen hatten die Münchner freilich das Glück, dass sie auf Gegner trafen, die gerade von internen Problemen erschüttert werden. Über Khimki werden finanzielle Schwierigkeiten kolportiert, der Klub hat bereits Verträge aufgelöst, darunter den mit dem vom FC Bayern gekommenen Center Greg Monroe. Am Dienstag fehlten zwei weitere ehemalige Münchner, Devin Booker und Stefan Jovic; sie werden aber noch im Kader aufgelistet.

Und ZSKA Moskau hatte just vor dem Spiel gegen den FC Bayern den Amerikaner Mike James suspendiert, mit 20,0 Punkten bis dato erfolgreichster Korbjäger der Euroleague und Anwärter Nummer eins für die Auszeichnung als MVP der Saison. Es habe nach der Heimniederlage gegen Fenerbahce (83:89) in der Woche zuvor "einen Vorfall in der Kabine" gegeben, teilte der Klub mit. Dass James mit dem Georgier Tornike Shengelia, der zweiten großen Nummer des Teams, aneinandergeraten sei, wie verbreitet wurde, dementierten beide Profis umgehend. Klub-Präsident Andrej Vatutin ließ durchblicken, dass an einer Vertragsauflösung gearbeitet werde.

Einen Korbjäger wie James hätten die Moskauer gebrauchen können im vierten Viertel gegen den FC Bayern; es ist auch verständlich, dass die übrigen Spieler angesichts der Ereignisse vielleicht nicht ganz bei der Sache waren. Das wären die Fußballer des FC Bayern beispielsweise wohl auch nicht, wenn der Klub mitten in der Saison den Torjäger Robert Lewandowski loswerden wollte.

Mit den internen Zwistigkeiten der Moskauer Klubs hielten sich die Münchner nicht lange auf, auch nicht mit ihren eigenen Ruhmestaten. "Weiter zum nächsten Spiel, zum nächsten Gegner", sagte Baldwin noch in der Megasport Arena. Die nächste Partie findet ja bereits am Sonntag (18 Uhr) statt, in München diesmal, der nächste Gegner heißt Merlins Crailsheim und ist gerade Tabellenzweiter in der Bundesliga. Auch keine leichte Aufgabe.

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