Süddeutsche Zeitung

Basketball-Bundesliga:Bamberg genießt die totale Dominanz

Lesezeit: 3 min

Von Joachim Mölter, Bamberg

Er könne die Siege seiner Mannschaft gar nicht genießen, hat der Basketball-Trainer Andrea Trinchieri neulich mal zugegeben: "Wenn ich sie genieße, genießen die Spieler sie auch, dann lassen sie locker, und wir verlieren", hatte er damals erklärt. An diesem Sonntag genoss der Italiener zumindest die letzten zweieinhalb Minuten der Partie seiner Brose Baskets Bamberg gegen Ratiopharm Ulm. Da wechselte sein Kollege Thorsten Leibenath beim Stand von 58:87 seine Nachwuchsspieler ein - es war das Signal, dass er die Partie verloren gab. Mit dem 92:65 (38:37) über Ulm gelang Trinchieris Bambergern der nötige dritte Erfolg in der Best-of-five-Serie, um ihren Meistertitel in der Basketball-Bundesliga (BBL) zu verteidigen. Die ersten beiden Partien hatten sie 101:82 und 92:90 nach Verlängerung gewonnen. Selbst Leibenath geriet nachher ins Schwärmen angesichts der Bamberger Leistung: "Ihre Ballbewegung ist traumhaft, das macht Spaß zuzuschauen. Nur wenn man der gegnerische Trainer ist, nicht immer." Nachdem Trinchieri das Lob zurückgegeben hatte ("die Ulmer sollten stolz sein, sie haben einen bewundernswerten Job gemacht"), rühmte auch er seine Mannschaft: "Wir bewegen den Ball wunderbar, wir haben eine klare Rollenverteilung, eine einmalige Teamchemie, und verschiedene Spieler können uns zum Sieg führen." Es kommt nicht oft vor, dass sich Trainer zweier Teams so einig sind.

Für Bambergs Basketballer war dieser Sonntag allerdings in vielerlei Hinsicht bemerkenswert: Mit ihrer nun schon achten Meisterschaft zogen sie mit Alba Berlin gleich, erfolgreicher waren hierzulande nur Bayer Leverkusen (14 Titel zwischen 1970 und 1996) und der USC Heidelberg (neun zwischen 1957 und 1977). Wie ihre Vorgänger aus Leverkusen (1992 und '94) und Berlin (1998 und 2002) haben nun auch die Bamberger einmal die kompletten Playoffs ohne eine Niederlage überstanden. Und wäre ihnen vor zwei Jahren nicht Bayern München dazwischen gekommen, könnten sie ebenfalls sieben Titel in Serie vorweisen wie Bayer (1990 bis 1996) und Alba (1997 bis 2003).

Geht Brad Wanamaker?

Weil Trinchieris Spieler zuvor schon souverän durch die Bundesliga spaziert waren mit nur drei (Auswärts-)Niederlagen, weil ihnen in der Euroleague beinahe als erstem deutschen Klub der Einzug ins Viertelfinale gelungen wäre, und vor allem weil sie dabei auch noch einen attraktiven, teamorientierten Stil pflegten, diskutiert die Szene nun, ob diese Mannschaft das beste Ensemble sei, das je in der Bundesliga aufgespielt hat.

Mal abgesehen davon, dass das eine akademische Debatte ist, ist es auch ein Beleg, wie kurz das Gedächtnis von Fans, Beobachtern und Experten ist. In Bamberg haben sie erst vor vier Jahren eine Mannschaft gefeiert, der ein einzigartiges Triple-Double gelungen war: Meisterschaft und Pokalsieg in drei aufeinanderfolgenden Jahren.

Das Team, in dem ein ehemaliger und drei spätere NBA-Profis standen (Casey Jacobsen sowie Brian Roberts, P.J. Tucker und Tibor Pleiß), vollendete diesen Triumphzug damals zufälligerweise auch gegen Ulm - und traf dabei ebenfalls auf heftigen Widerstand: Das dritte Finalspiel gewann Bamberg nur knapp, 97:95; seinerzeit hatte ihnen der Ulmer Isaiah Swann (36 Punkte) schwer zu schaffen gemacht.

Heftigen Widerstand der Seinen, "nichts anderes erwarte ich auch dieses Mal", hatte Ulms Trainer Leibenath vor der Partie gesagt. Und seine Akteure enttäuschten ihn nicht. Zwar fielen sie früh zweistellig zurück (6:17/6. Minute), aber bis zur Halbzeit hatten sie sich wieder herangekämpft (37:38). Diesmal waren es vor allem die Flügelspieler Raymar Morgan (19 Punkte, zwölf Rebounds) und Augustine Rubit (12 Punkte), die den Bambergern zu schaffen machten. Aber im weiteren Verlauf der Partie machte sich dann der Ulmer Kräfteverschleiß bemerkbar. Die mussten ja wegen diverser Verletzungen die ganzen Playoffs quasi nur zu siebt durchspielen. "Wir sind auf dem Zahnfleisch gekrochen", resümierte Leibenath, "und Bamberg konnte aus dem Vollen schöpfen." Das konnte Trinchieri in der Tat. Es waren aber vor allem Spielmacher Brad Wanamaker (19 Punkte, sechs Assists) und sein amerikanischer Landsmann Darius Miller (ebenfalls 19 Zähler, dazu sechs Rebounds), die dem Spiel in der zweiten Halbzeit ihren Stempel aufdrückten und ihrem Team den Weg ebneten.

Der zum besten Spieler der Saison gewählte Wanamaker könnte dabei sein Bamberger Abschiedsspiel gegeben haben; er wird von europäischen Spitzenklubs umworben und hat eine Ausstiegsoption im Vertrag. Den zum besten Mann der Finalserie gekürten Miller indes werden die Fans weiter zu sehen bekommen: Er hat seinen Kontrakt in der vergangenen Woche bis 2018 verlängert.

Angeführt von diesen beiden Wegweisern setzten sich die Bamberger im dritten Viertel jedenfalls ab, nach den beiden Dreiern von Janis Strelnieks und Daniel Theis (insgesamt 12 Zähler) zum 61:44 (27.) war Ulms Widerstand gebrochen. In den letzten Sekunden nahm sich Andrea Trinchieri dann die Zeit, alle Ersatzspieler auf der Bank zu herzen. Jetzt endlich durfte er zeigen, wie sehr auch er das Spiel seiner Mannschaft genoss.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3029848
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 13.06.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.