Süddeutsche Zeitung

FC Augsburg:Sieg zum Debüt

Lesezeit: 2 min

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Mitten in der ersten Hälfte ereignete sich ein wahrhaft wunderlicher Moment: Martin Schmidt war verschwunden. Die ganze Zeit über hatte er am Rand seiner Coachingzone gestanden; applaudierend, dirigierend und manchmal auch irgendwelche Handbewegungen vorführend, bei derer Betrachtung durchaus Zweifel aufkommen konnten, ob die Spieler auf dem Rasen nachvollziehen konnten, was ihr neuer Chef an der Seitenlinie ihnen auftragen wollte. Aber mitten in der ersten Hälfte verließ Schmidt, 52, diese Aufenthaltszone tatsächlich einmal und nahm auf der Bank Platz - jedoch für maximal drei Sekunden. Dann stand er wieder in gewohnter Manier an der Seitenlinie.

Unter der Woche war der frühere Coach des FSV Mainz 05 anstelle von Manuel Baum zum Cheftrainer des FC Augsburg berufen worden, um das weitere Abdriften des Klubs in den Abstiegsstrudel zu verhindern. Und zu seinem Debüt konnte er zwischen all seinem Applaudieren, Dirigieren und Handbewegen ein bemerkenswertes Spiel seiner Mannschaft sehen: Mit 3:1 (2:1) gewann der FCA überraschend und vergrößerte so den Abstand auf den Relegationsrang auf sieben Punkte. Frankfurt hingegen kassierte nach dem 2:4 bei Benfica Lissabon auch in der Bundesliga die erste Niederlage des Kalenderjahres, liegt aber weiter auf einem Champions-League-Platz.

"Wir haben uns mit den drei Punkten heute sehr viel Druck vom nächsten Wochenende genommen", sagte Schmidt mit Blick auf das Duell gegen den Tabellensechzehnten VfB Stuttgart - und schickte seinem zuletzt umstrittenen Vorgänger noch ein Lob hinterher. Er habe eine funktionierende Mannschaft übernommen, die er "nur ein bisschen aufwirbeln musste". In der Startformation hatte dieses Aufwirbeln vier personelle Veränderungen zur Folge - und eine taktische: Augsburg agierte in der Abwehr mit einer Viererkette statt dem zuletzt gewählten Modell mit drei Innenverteidigern. Und insgesamt war die Ausrichtung etwas offensiver.

Frankfurts Kapitän Gelson Fernandes sieht die gelb-rote Karte

Die Augsburger begannen zwar durchaus engagiert, aber sie erlaubten in der Anfangsphase auch Luka Jovic erst eine Kopfball- und dann nach einem starken Konter eine Schuss-Gelegenheit (5.). Und als sie den Gastgebern ein drittes Mal eine Chance gestatteten, gerieten sie verdientermaßen in Rückstand: Filip Kostic flankte von links, und in der Mitte köpfelte Goncalo Paciencia zum 1:0 ein (15.).

Eine Viertelstunde später hatte der FCA binnen 60 Sekunden doppelt Glück. Denn erst verpasste Paciencia das 2:0 für Frankfurt - und nur wenig später setzte sich Marco Richter gut durch, profitierte vom Ausrutschen seines Gegenspielers und schoss zum unerwarteten Ausgleich ein. Und nach einer Phase mit vielen Unterbrechungen, unter anderem der Auswechslung von FCA-Torwart Gregor Kobel mit Verdacht auf Gehirnerschütterung, war Marco Richter in der Nachspielzeit der ersten Hälfte das zweite Mal zur Stelle. Aus 15 Metern hielt er drauf und markierte das 2:1.

Als kurz nach der Pause Frankfurts Kapitän Gelson Fernandes die gelb-rote Karte sah, war die Grundlage für eine Überraschung endgültig gelegt. Augsburg war jetzt in Überzahl, und Schmidt nahm deutlich häufiger auf seinem Bänkchen Platz anstatt am Rande der Coaching-Zone zu stehen. Und von dort musste er mit ansehen, wie sein Team nach einer knappen Stunde eine vorzügliche Gelegenheit zum 3:1 vergab: Ja-Cheol Koo schloss ab, aber Makoto Hasebe rettete noch auf der Linie.

Überhaupt vermochten die Augsburger die Überzahl sowie ungewohnte Frankfurter Defensiv-Aussetzer zwar für einige gut angelegte Konterszenen zu nutzen. Aber im Umgang mit diesen Gelegenheiten agierten sie oft etwas überhastet oder kompliziert. Auf der anderen Seite hatten sie Glück, dass Jovic und Ante Rebic Chancen für die Frankfurter vergaben. Doch sechs Minuten vor dem Abpfiff setzten die Augsburger ihre zahlenmäßige Überlegenheit auch um: Richter erlief links den Ball, und in der Mitte schloss Michael Gregoritsch zum 3:1-Sieg ab.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4410286
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.04.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.