Süddeutsche Zeitung

SSV Jahn Regensburg:Der letzte Joker

Lesezeit: 2 min

Die Niederlage beim Tabellenletzten SV Sandhausen stürzt Regensburg im Schlussspurt der zweiten Fußball-Bundesliga noch heftiger in die Krise. Der Jahn braucht dringend eine Trotzreaktion beim nächsten Abstiegskonkurrenten.

Von Johannes Kirchmeier

Am Ende dieser Pressekonferenz beim SV Sandhausen nach dem Zweitliga-Fußballspiel gegen den SSV Jahn Regensburg kam sie dann doch noch: die überraschende Wendung, mit der nicht alle Zuhörer rechneten.

Diese Runden sind ja eigentlich recht vorhersehbar, ein jahrelang erprobtes Ritual. Erst darf der Gästetrainer die Partie analysieren, dann der Heimtrainer, und zum Abschluss kommen noch Fragen von Journalisten, die der Heim-Pressesprecher als Moderator aufruft. So war es auch am Sonntag. Mersad Selimbegovic, der Trainer des SSV Jahn, war zuerst dran. Und dann SVS-Coach Gerhard Kleppinger, der auch Reporterfragen beantwortete. Doch danach war die Runde nicht beendet, einer der drei am Podium hob noch einmal an und sagte: "In eigener Sache darf ich noch sagen: Heute war mein letzter Arbeitstag."

Rücktritts-Hammer in Sandhausen? Nein, das nicht. Wenn man sich in den Internetforen des Vereins umsieht, dann sind es zwar in diesen schwierigen Tagen nicht wenige, die auf solche oder ähnliche Worte von Jahn-Coach Selimbegovic hoffen. Doch der tat den kritischen Anhängern den Gefallen nicht, am Sonntag verabschiedete sich der SVS-Pressesprecher Markus Beer.

Selimbegovic, 2006 als eisenharter Verteidiger gekommen und seither durchgehend auf dem Platz oder daneben für den Verein tätig, ist selbstredend nicht bekannt als einer, der von sich aus aufgibt. Der Jahn ist sein Leben - und er will ihn auch in die siebte Zweitliga-Saison in Serie führen. Doch nach dieser niederschmetternden 1:2 (0:1)-Niederlage beim Tabellenletzten Sandhausen ist das für den nun mit 28 Zählern punktgleichen Vorletzten Regensburg unsicherer denn je. "Uns muss bewusst sein, dass wir uns diese Liga so auch nicht verdienen", sagte Selimbegovic. "Man kann schlecht spielen, aber was ich nicht akzeptiere: dass wir nicht kapiert haben, um was es geht. Da sind ein paar dabei, die noch denken: schön spielen und sieben Kontakte in der eigenen Hälfte zu machen ist wichtiger, als einen Scorerpunkt zu sammeln."

In den 90 schmachvollen Minuten von Sandhausen ist aus dem lieben Mersad der grantige Herr Selimbegovic geworden

Dies war ja noch vor Beers Abschied die erste PK-Wendung. In den 90 schmachvollen Minuten von Sandhausen ist aus dem lieben Mersad der grantige Herr Selimbegovic geworden. Üblicherweise verteidigt der nahbare Bosnier seine Mannschaft auch nach bitteren Pleiten, doch das hat sich geändert. "Wir haben, glaube ich, die schlechteste Halbzeit in dieser Saison gespielt", sagte er über die erste Hälfte. Er muss sich dabei jedoch vorwerfen lassen, dass sein Team schon seit einigen Monaten ähnlich pomadig agiert - und ein verbaler Weckruf da noch ausblieb. Seit dem Rückrundenstart 2021/22 stehen neun Siegen in insgesamt 47 Partien 25 Niederlagen gegenüber.

In Sandhausen kam nun zur schwachen Leistung auch noch Pech hinzu: Der SVS ging durch einen abgefälschten Weitschuss von Merveille Papela (16. Minute) in Führung, Jahn-Mittelstürmer Prince Osei Owusu traf kurz vor der Halbzeitpause die Querlatte. Mit Hilfe des Innenpfostens erhöhte der Gastgeber seine Führung durch Dario Dumic (52.), Owusu erzielte nur noch das 1:2 (64.). Weitere Gelegenheiten in der Schlussphase nutzten die Regensburger nicht. Trotzdem wollte der Coach noch klarstellen, dass er ob dieser Schlussphase positiv gestimmt ist, "dass wir es noch schaffen können".

Der grantige Herr Selimbegovic, das ist eine Transformation mit Hintergedanken, aber wohl auch sein letzter Joker, der in diesem so zähen Abstiegskampf Kräfte wecken soll. Gerade vor der Partie beim drei Zähler besseren Tabellen-15. Hansa Rostock am Samstag, die fast einem Endspiel gleichkommt: "Jetzt müssen wir uns zusammensetzen und alles offen und ehrlich ansprechen. Jetzt gilt es, mutig nach Rostock zu fahren und unbedingt gewinnen zu wollen", forderte der Coach. "Egal wie." Auswärts, das überrascht nach dem Auftritt in Sandhausen wenig, ist seine Mannschaft allerdings die bislang schwächste der Liga.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5832544
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.