Süddeutsche Zeitung

Ausflüge mit Abstand:Raus aufs Land

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In Reichweite der Großstädte gibt es schöne Orte, die auch im Winter reizvoll sind - und manchmal gar nicht überlaufen.

Von SZ-Autoren

Flanieren auf der Pfaueninsel

Diese Insel liegt in einer Großstadt, sie ist ziemlich klein, und doch hat man das Gefühl, in einer vollkommen anderen Welt zu sein. Es geht um die Pfaueninsel am Rand von Berlin, 67 Hektar groß, in der Havel gelegen. Schon der Weg dorthin ist ungewöhnlich. Man rattert mit einem Oldtimer-Bus der Berliner Verkehrsgesellschaft durch den Wald, und dann setzt man mit einer winzigen Fähre, die erfreulicherweise auch im Corona-Lockdown in Betrieb ist, auf die Insel über. Und findet sich auf einem Flecken Erde wieder, auf dem einst Prinzessinnen unter Palmen spazierten, es einen Rosengarten und Volieren mit Tieren gibt, auf dem man beim Spazieren auf einen versteckten griechischen Tempel und ein weißes Lustschlösschen stößt, das aber aussieht wie eine Ruine.

Entstanden ist die Pfaueninsel Ende des 18. Jahrhunderts unter König Friedrich Wilhelm II., der für seine Mätresse eine Meierei und das Schloss im damals schwer angesagten Ruinen-Stil errichten ließ und Bäume und Pflanzen aus aller Welt ansiedelte. Unter Königin Luise entstanden dann jene malerischen Landschaftsparks, die bis heute dafür sorgen, dass man sich auf der Pfaueninsel fühlt wie in einem alten Gemälde. Vor allem im Winter, wenn Schnee, eisüberglänzte Bäume und die Wintersonne den Eindruck verstärken, in einer anderen Zeit, in einer anderen Natur zu sein. Überhaupt ist die Natur einer der Hauptgründe, hierher zu kommen: Man sieht Eichen, die Hunderte Jahre alt sind, mehrere Fledermausarten, und sogar Seeadler wurden hier schon gesichtet. Selbst die Tiere, die hier herumspazieren und der Insel ihren Namen gaben, sind besonders: Einige Pfaue sind weiß. Verena Mayer

Wandern im Taunus

Der Trend geht zum Mikroabenteuer: Wandern im Taunus statt mit dem Hundeschlitten durch Alaska. Vor allem, wenn der Große Feldberg eine Schneekappe trägt. Die glänzt herüber, wenn unten in Frankfurt der Regen Pause macht. Und lockt: Komm! Ins Offene, Freund!

Man kann dann mit dem Rad hinauf zur Hohemark fahren und ab Steinbach über vereiste Feldwege schlittern. Man kann auch bequem mit der U-Bahn dorthin fahren, mit ziemlich vielen Spaziergänger-Paaren und Rodel-Familien, die sich dann mit den Paaren und Familien vom überfüllten Parkplatz vereinen und in bunter Prozession bergan ziehen. Die Einsamkeit muss man hier suchen.

Doch dann ist sie da, ganz unerwartet. Einmal nicht dem ausgetretenen Weg gefolgt, sondern nach links gegangen, steiler hinauf - und schon bleibt nur ein Trampelpfad, die Spur der Skitourengeher und die vom Reh im Schnee. Glitzernd rieselt es vom Tannenzweig in den Nacken, Schweiß dampft aus der Jacke. Und dann bleibt man stehen und kann es gar nicht glauben: Der Taunus, dieser langweilige Allerweltshügel, ist ein Winterwunderland.

Wer es sportlich mag, geht bis hinauf zum turmverbauten Feldberg, dem hässlichsten Gipfel Hessens. Die anderen rasten vorher schon auf dem umwaldeten Plateau, allein schon um des Namens willen, den es trägt: Fuchstanz! Es gibt Punsch dort, alkoholfrei, wie die Pandemieverordnung es gebietet. Die Leute vom großen und bequemen Wanderweg sind leider auch wieder da, fröhlich vereint im Wissen: Es ist ein Wunderland auf Zeit. Übermorgen taut es. Ist halt nicht Alaska. Matthias Drobinski

Durchatmen an der Küste

Die Strände und Corona, das ist natürlich wie fast alles während dieser Pandemie im Prinzip heikel. Im Sommer, als die Sonne die Seuche zu vertreiben schien, fuhren ja so viele Menschen an Deutschlands Ufer wie nie zuvor, weil sie nicht nach Spanien oder Italien wollten. Es wurde eng im Norden. Während des partiellen Lockdowns im Frühjahr und jetzt sind aber auch Nordsee und Ostsee für Touristen teilweise oder ganz tabu - seit fast drei Monaten nimmt kein Hotel sie auf, bis irgendwann wieder geöffnet werden darf, vielleicht im März. Und wenn sich jetzt die Massen zur Wanderung am Meer aufmachen würden, dann wäre das auch nicht im Sinne der Abstandsregel.

Andererseits: Frische Luft ist gesund, und am geeigneten Strand ist genügend Platz, noch dazu stehen gerade keine Strandkörbe im Weg. Also, raus nach St. Peter-Ording im Westen, wo der Sand unendlich ist und die Kite-Surfer auf den Wellen tanzen. Oder nach Timmendorfer-Strand und Niendorf oder Scharbeutz oder Hohwacht oder Heiligenhafen oder Boltenhagen oder Ahrenshoop oder Rügen noch weiter östlich. Oder irgendwo dazwischen, wo möglichst sonst kaum ein Mensch ist. Allein Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein haben je um die 400 Kilometer Strand, die gesamte Küste ist noch deutlich länger. Da sollte genügend Platz sein für distanzierte Spaziergänge in Zeiten von Home-Office und Homeschooling, sehr schön auch bei Kälte, zuletzt hat es im Norden sogar geschneit. Steine werfen, aufs Wasser schauen und in eine Zukunft mit Beachlokal, Sundowner und weggeimpften Viren. Peter Burghardt

Winterradeln im Münsterland

Wer das ewige Spazierengehen leid ist, für den hier die Empfehlung einer radelnden Westfälin: Es gibt in diesem Bundesland viele Strecken für gemütliche Radtouren. Aber Fahrradfahren im Winter? Ja, warum nicht, für Hartgesottene mit der richtigen Kleidung und Kondition. Und für alle anderen dann ab März, wenn vielleicht der Lockdown ein Ende hat. Bis dahin sind es ja nur noch vier Wochen.

In denen kann man sich und seine Leeze, wie man das Rad hier nennt, schon mal ausfahrfein machen. Das Münsterland ist das unangefochtene Radlparadies Deutschlands, zudem ist es reich an Wasserschlössern und Burgen. Weil die gesamte "100-Schlösser-Route", so heißt der berühmteste Radwanderweg der Region, mit etwa 960 Kilometern für den Anfang zu weit ist, gibt es viele kleine Teiltouren, die auch für Nicht-Trainierte gut zu bewältigen sind. Auch weil die Strecken fast ausschließlich über "plattes Land", vorbei an Wiesen und Wäldern und über kleine Pättkes durch gemütliche Ortschaften gehen. Man braucht hier nicht mal ein teures E-Bike, nur Muskelkraft und zum Beispiel ein Hollandrad.

Am Anfang könnte eine 60 Kilometer lange Rundtour durch das südliche Münsterland stehen, die auch am "Westfälischen Versailles" vorbeiführt: Das Wasserschloss Nordkirchen ist die größte Barockresidenz Westfalens mit imposanter Parkanlage und heute Sitz der Hochschule der Finanzen. Doch auch Schloss Westerwinkel und Burg Vischering müssen sich nicht verstecken. Die Außenanlagen der drei Bauwerke sind auch in Corona-Zeiten geöffnet. Den Proviant müssen die Radfahrer momentan allerdings selbst mitbringen. Jana Stegemann

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