Süddeutsche Zeitung

Kuriose Fundstücke an US-Airports:Nicht ohne meine Krallenhand

Lesezeit: 3 min

Granatwerfer, Pistolenmesser, Lippenstift-Schocker: Was Flugzeug-Passagiere in den USA in ihr Handgepäck packen.

Von Katja Schnitzler

Die meisten Menschen versuchen, vor einer Flugreise nur das Nötigste ins Handgepäck zu stopfen, um nicht den engen Rahmen der Gepäckgrenzen zu sprengen. Die meisten, aber nicht alle. Manche haben Mitbringsel dabei, die selbst Mitarbeiter an den Sicherheitskontrollen von Flughäfen sprachlos machen. Und die sind einiges gewöhnt.

In den USA hat sich an Flughäfen eine erstaunliche Sammlung von Pistolen, Äxten und Schwertern angehäuft: Offenbar sind manche Passagiere im Land der laschen Waffengesetze der Meinung, dass es kein Problem sein kann, mit seinem Kampfmesser oder mit Schlagstöcken an Bord zu verreisen. Oder mit einer Handgranate.

Regelmäßig präsentiert die US-Transportsicherheitsbehörde TSA in sozialen Medien die skurrilsten, absurdesten und erschreckendsten Fundstücke, was wohl auch eine Art Leistungsnachweis ist.

Dass man nicht nur nach dem äußeren Anschein gehen sollte, zeigen diese adrett gekleideten Granaten. Die TSA fand sie zwar nicht im Hand-, sondern im eingecheckten Gepäck eines Fluggastes. "Aber wir können es ja nicht einfach aufmachen und ausprobieren, ob eine Bombe scharf ist oder nicht", kommentiert die TSA. In so einem Fall müsse der Sprengstoffexperte ran. Ein Terminal könnte geräumt werden, Flüge könnten sich verspäten. Da komme der Eigentümer noch am günstigsten weg, wenn sein Koffer nur gesprengt werde. Denn zusätzlich drohten Geldstrafen und sogar Arrest. Und das alles für einen schlechten, offenbar privaten Witz: Die Handgranaten-Attrappen waren für Trauzeugen einer Hochzeit gedacht.

Wofür der Eigentümer diese Malerrolle des Grauens derart katastrophal-kreativ verunstaltet hat, erschließt sich ebenfalls nicht auf den ersten Blick. Auf den zweiten auch nicht. Die Detailanalyse: Um die Malerrolle wurde Schleifpapier mit Draht gewunden, daraus ragen spitze Nägel in engen Reihen. Die Interpretation der TSA: Mad Max will den Thunderdome mit dem Blut seiner Gegner streichen. Die Vermutung einiger Heimwerker: ein selbstgebastelter Tapetenabkratzer.

Und wofür soll diese unauffällige Haushaltsschere verwendet werden? Als gruseliges Utensil für Halsabschneider an Halloween? Die Erklärung ist harmlos: Die Schere dient dem zeremoniellen, fotogenen Durchschneiden von Seidenbändern, etwa bei der Einweihung von Highways, Brücken oder der frisch gepflasterten Garageneinfahrt. Dass dieses Prachtstück trotzdem nichts im Handgepäck verloren hat, wollte der Eigentümer nicht einsehen.

Wer sich für einen Freddy-Krueger-Wiedergänger hält, den Alptraum mit Messerhand, fühlt sich ohne den Klingen-Handschuh wahrscheinlich wie nackt. Doch da hält sich das Mitleid des Airport-Personals in Grenzen: Das Utensil ist besser außer Griffweite im Laderaum aufgehoben - daran ändert auch das bisschen Klebeband an den Spitzen nichts.

Ebenfalls aus dem Kino bekannt ist dieser "Lippenstift-Schocker", mit dem "Ich, einfach unverbesserlich"-Grantler Gru von seiner Zukünftigen bei ihrer ersten Begegnung elektrisiert wird. Elektroschocker sind allerdings selbst in Pink mit Glitzer an Bord nicht erlaubt - in manchen US-Bundesstaaten übrigens ebenfalls nicht, worauf die TSA vorsorglich hinweist.

Diese grünen Leuchtstäbe sind hübsch anzusehen und lassen an Zaubertricks am Kindergeburtstag denken. Doch wer damit Tricks vorführt, kann sich selbst und andere verletzen. Daher ist der Nunchaku - auch Würgeholz genannt - im Handgepäck nicht erlaubt. In Deutschland sind übrigens selbst die schönsten Leucht-Nunchakus verboten, in manchen Gegenden der USA ebenfalls - wahrscheinlich in jenen, die auch ohne Lippenstift-Schocker auskommen.

Wer aber ohne seine Wurfmesser nicht aus dem Haus gehen will und schon gar nicht in die Luft, mag versucht sein, diese im ältesten Versteck der Welt zu schmuggeln: dem Buch. Doch in Zeiten von E-Books, die Reisen leichter machen, ist ein analoges Exemplar aus Papier noch verdächtiger. Auch das Inhaltsverzeichnis dieses Buchs mit Kapitelüberschriften wie "Ninja Eqipment" dürfte es den Kontrolleuren leicht gemacht haben.

Auch wenn der hintere Teil dieses Waffen-Zwitters mit Holzgriff und fein ziseliertem Spannhahn hübsch anzusehen ist, büßt die Klinge nichts an Brutalität ein. Friedliebende Zeitgenossen wollen dem Träger dieser Messerpistole weder beim Duell noch im Flugzeug begegnen.

Bei all den sonderbaren Gepäckstücken drängt sich eine Frage auf: Warum nur? Warum packt jemand Mörsermunition, wenn auch inaktive, in seinen Koffer? Wie wäre es stattdessen mit einem Strandtuch, einem guten Buch (ohne Waffenversteck) oder wenigstens nur der Lieblingshantel?

Wenn die Bastler unter den Militaria-Liebhabern wieder kreativ geworden sind, kommen solche Kunstwerke dabei raus. Ein wirklich schmucker ... Käfer?

Man fragt sich auch bei diesem Fund: What the F...? Hinter dem großen F versteckt sich in diesem Fall ein kleines Bömbchen. Wer sich bislang gewundert hatte, was ein Sprengstoffexperte den lieben langen Tag am Flughafen so treibt - zumindest in den USA geht ihm die Arbeit offenbar nicht aus.

Absurder geht es nicht? Hier finden Sie die erste Sammlung der kuriosen Fundstücke an US-Flughäfen:

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4207943
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.