Süddeutsche Zeitung

Kolumne: Hin und weg:Die Autofarbe hilft bei der Partnersuche

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Ob Pink die Farbe mit dem höchsten Flirtfaktor ist? Eine Umfrage schafft Klarheit.

Glosse von Joachim Becker

Die Barbie-Welt ist voller Farben, Hauptsache, sie passen zu Pink. Auch das Autofahren ist dort bunter und fröhlicher: Der etwas zu heiß gewaschene Straßenkreuzer, mit dem die Blondine fährt, strahlt natürlich in der Flamingofarbe. Gerade hat die Filmkomödie "Barbie" den besten Kinostart des Jahres in den USA geschafft. Für Marktforscher ist das ein untrügliches Zeichen, dass die Leute mehr Farbe im Leben wollen. Bloß welche?

Auch aus Italien kommen kunterbunte Nachrichten: Fiat, die Marke mit den rostbraunen Autos, beendet die Produktion von grauen Neuwagen. "Wir haben die Regeln gebrochen: Das ist eine Herausforderung und ein Umbruch", gibt sich Olivier François kämpferisch. Fiats Markenchef sitzt in Lerici am Ligurischen Meer in einem silbernen Auto. Dann schließt er das Fenster und lässt sich vor laufender Kamera in einem riesigen Farbbottich versenken - um mit einem Wagen in kräftigem Orange wieder aufzutauchen. "Wir inspirieren die Menschen dazu, mit mehr Optimismus und positiver Einstellung zu leben", so François. Aber muss man seinen Firmenwagen gleich in einem schrillen Nagellack-Ton nachkolorieren?

Der gar nicht hollywoodverdächtige Alltag sieht meist anders aus: Grau/Silber liegen seit 2015 ununterbrochen auf Platz eins der beliebtesten Autofarben in Deutschland. Auf Platz zwei folgt Schwarz, auf dem dritten Platz liegt Weiß, das in Thailand und Japan als Trauerfarbe gilt. Weiße Autos sind dort ein Unding, während schwarze Luxusschlitten überall auf der Welt für Macht, Eleganz und Reichtum stehen. Klassische Farben könnten also ein ziemlich plattes Lockmittel für die meist männlichen Neuwagen-Käufer sein. Und selbst bei Fiat gibt es künftig Cinema-Schwarz und Gelato-Weiß zu kaufen.

Eher abschreckend in der Balzphase wirken dagegen pinke Fahrzeuge, die hierzulande nur auf einen Marktanteil von 0,1 Prozent kommen. "Ein pinker Wagen kann unter Umständen dafür sorgen, dass sich das Single-Dasein weiter in die Länge zieht", heißt es in der aktuellen Umfrage einer Tankstellenkette. Kein Wunder, dass es zwischen der autofahrenden Barbie und ihrem ebenso blonden Freund Ken auf der Rückbank nicht so richtig funkt.

Doch man sollte es mit der Farbpsychologie nicht übertreiben. Die Signalwirkung im jeweiligen Kulturkreis kann sich auch ändern, wie der Siegeszug von weißen Autos in Deutschland gezeigt hat. Noch 2006 entschieden sich gerade einmal 1,6 Prozent der Käuferinnen und Käufer für einen weißen Pkw. Wie auch immer: Die Menschheit scheint (im Sommer) nichts mehr zu ersehnen als einen Farb- und Tapetenwechsel. Mittelmeerurlauber, die in Scharen zum Licht des Südens pilgern, glauben an die erlösende Wirkung des Azurblaus.

Bei dem aus Indien stammenden Holi-Fest versinkt dagegen alles in Rot und Ocker. Derart bepudert sind alle Menschen gleich; alle Schranken durch Kaste, Geschlecht, Alter und gesellschaftlichen Status würden für ein paar Tage aufgehoben, heißt es. Doch am Ende ist vielleicht alles nur ein Sommernachtstraum und so vergänglich wie ein Urlaubsflirt. Selbst aus dem pinkesten Kinderzimmerparadies droht unweigerlich die Vertreibung. Die Anhänger der rosaroten und der bübchenblauen Fraktion werden zu Erwachsenen mit Ehevertrag und nichtfarbigem Familienauto. Und wer's gar nicht mehr aushält, geht halt ins Kino oder in die großen Ferien.

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