Süddeutsche Zeitung

Wahlen in Italien:Regierungsbildung beinahe ausgeschlossen

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Bei der Wahl in Italien gewinnt der Mitte-links-Kandidat Bersani im Parlament zwar die meisten Sitze. Doch im Senat erzielt Ex-Premier Berlusconi einen Erfolg. Der Komiker Beppe Grillo schafft 25 Prozent. Damit steckt das Land in der Sackgasse.

Von Andrea Bachstein, Rom

Nach den Parlamentswahlen in Italien zeichnen sich unklare politische Verhältnisse ab. Das Mitte-links-Bündnis des Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani lag nach Auszählung aller Stimmen bei 29,54 Prozent der Stimmen im Abgeordnetenhaus, die Allianz des ehemaligen Premiers Silvio Berlusconi erhielt 29,18 Prozent der Stimmen. Die Protestbewegung Fünf Sterne des Komikers Beppe Grillo brachte es auf 25,55 Prozent. Der scheidende Regierungschef Mario Monti erreichte mit seinem Bündnis der Mitte nur 10,56 Prozent der Stimmen.

Bersani wird demnach im Abgeordnetenhaus die absolute Mehrheit erringen. Denn das Wahlrecht sieht vor, dass die Allianz mit den meisten Stimmen - unabhängig von ihrer Stimmenzahl - in dieser Kammer 55 Prozent der Sitze erhält.

Anders sieht es im Senat aus. Hier konnte kein Bündnis eine Mehrheit erzielen. Berlusconis Allianz kommt demnach auf 116 Sitze, Bersanis Mitte-links-Bündnis erhält 113 Sitze, Grillos Fünf Sterne 54 Sitze, Montis Bündnis 18 Sitze. Prognosen hatten zunächst eine Mehrheit der Sitze für Bersani vorhergesagt, erste Hochrechnungen ergaben dann eine knappe Führung für Berlusconi. Den höchsten Stimmenanteil im Senat erzielte Bersani mit 31,63 Prozent, wegen des komplizierten Wahlrechts bedeutet ein Sieg bei den abgegebenen Stimmen im Senat aber nicht automatisch die größte Anzahle an Sitzen.

Neuwahlen sind möglich

Nach Angaben des Innenministeriums lag die Wahlbeteiligung bei 75,2 Prozent, 2008 waren es 78,1 Prozent gewesen. Wie es nun in Rom weitergeht, war am Montagabend noch offen. Die neuen Abgeordneten und Senatoren sollen sich eigentlich am 15. März das erste Mal im Parlament versammeln. Danach werden die Präsidenten beider Kammern gewählt, anschließend beginnen die Beratungen für die Bildung der Regierung. Spätestens am 15. April müsste sie stehen, weil danach das Parlament mit der Abstimmung über einen Staatspräsidenten beginnen muss.

Dass man das Krisenland nun womöglich nicht regieren könne und es bald wieder Neuwahlen geben müsse, beklagte Stefano Fassina von Bersanis Partei. "Mit dem Ergebnis hat das Land große Probleme", sagte er. Der überraschend erfolgreiche Grillo sagte: "Mit uns gibt es kein Geschachere." Die Parteien seien gescheitert. In einigen Jahren werde seine Bewegung die Mehrheit haben.

Märkte reagieren skeptisch

Die Aktienkurse an der Börse in Mailand rutschten ins Minus ab. Italiens Leitindex gab um 0,29 Prozent nach. Der Euro-Kurs geriet unter Druck. Am Nachmittag fiel die Gemeinschaftswährung auf ein Tagestief von 1,3159 US-Dollar. Gegen Mittag notierte der Euro noch mit 1,3319 Dollar. Besonderes Augenmerk der Anleger galt dem Abschneiden Berlusconis. Er hatte im Wahlkampf Steuersenkungen im großen Stil angekündigt und Euro-feindliche Töne angeschlagen. Bei einem Wahlsieg Berlusconis war ein Aufflammen der Euro-Schuldenkrise befürchtet worden. Aus ökonomischer Sicht sei ein politisches Patt unglücklich, aber kein Desaster, erklärte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding.

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SZ vom 26.02.2013
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