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Wahl des Bundespräsidenten:Lammert betont besondere Herausforderungen für neuen Bundespräsidenten

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Im Bundestag sind die Wahlfrauen und -männer zusammengekommen, um den neuen Bundespräsidenten zu wählen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hob in seiner Auftaktrede zur Bundesversammlung die besondere Rolle des Bundespräsidenten gerade in diesen Zeiten hervor.

"Den demokratischen Grundkonsens zu formulieren, ist schwieriger geworden", sagte er. Doch gerade in Zeiten, in denen das Trennende gegenüber dem Einenden, das Besondere gegenüber dem Allgemeinen betont werde, werde die Bedeutung des Amtes im Verfassungsgefüge deutlich.

Lammert formulierte ein eindringliches Plädoyer - gegen Abschottung und für ein starkes Europa. "Wer Abschottung anstelle von Weltoffenheit fordert und sich sprichwörtlich einmauert, wer statt auf Freihandel auf Protektionismus setzt und gegenüber der Zusammenarbeit der Staaten Isolationismus predigt", wer "Wir zuerst" sage, der dürfe sich nicht wundern, wenn es ihm andere gleichtun, sagte Lammert, auch mit Blick auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump und dessen Ruf nach "America first".

Wenn weder der russische noch der US-Präsident Interesse an einem starken Europa hätten, sie dies ein "Indiz dafür, dass wir selber ein Interesse an diesem starken Europa haben müssen".

Zudem wendete Lammert sich deutlich gegen Geschichtsvergessenheit in Deutschland. Eine demokratische Haltung erwachse hier - mehr als noch anderswo - immer im Wissen um die Geschichte, um die Abgründe der eigenen Vergangenheit, sagte er. Das Ansehen, das Deutschland genieße, hänge wesentlich mit dieser Form der Vergangenheitsauseinandersetzung zu tun. Wer daran rüttelt, der gefährdet die Reputation unseres Landes und habe die überwiegende Mehrheit der Deutschen gegen sich, betonte der Bundestagspräsident unter großem Applaus der Anwesenden.

Er würdige die Verdienste des scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck. Dieser habe die Gesellschaft immer wieder nachdrücklich in die Pflicht genommen, "sich weder verängstigen noch spalten zu lassen, auch nicht in Zeiten terroristischer Gefahren".

Favorit Steinmeier - Unmut in der Union

Nach der Rede ging es an die Wahl. Als klarer Favorit geht der ehemalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in die Wahl. Er ist der offizielle Kandidat von SPD und CDU/CSU. Allein damit entfallen bereits mehr als 70 Prozent der Stimmen auf Steinmeier. Außerdem wird er von der FDP unterstützt und kann auch mit Stimmen der Grünen rechnen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte ihn einen "respektablen Kandidaten" für das Amt.

In der Union grummelte es hingegen auch vor kurz vor der Wahl noch. Nach wie vor sind viele Abgeordnete nicht glücklich damit, dass es CDU/CSU nicht gelungen war, einen eigenen Kandidaten beziehungsweise eine Kandidatin ins Rennen zu schicken. Interessant könnte daher werden, wie viele Wahlleute der Union Steinmeier ihre Stimme verweigern.

CDU-Wahlmann Christian Baldauf kündigte bereits an, an diesem Sonntag nicht für Steinmeier stimmen zu wollen. Der Fraktions-Vize der CDU im rheinland-pfälzischen Landtag sagte der Rheinpfalz am Sonntag über Steinmeier: "Ich traue ihm keine wertegebundene Repräsentanz zu, die ich von einem Präsidenten erwarte. Seine Kandidatur ist für mich politische Postensicherung."

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer betonte, dass die Zustimmung der CSU für Steinmeier allein seiner Person gelte. "Wir wählen Frank-Walter Steinmeier als Person, nicht als Sozialdemokraten", sagte Scheuer. "Zu den Anforderungen des Amtes gehört, Bundespräsident aller Deutschen zu sein. Daran wird er sich messen lassen müssen."

Vier Gegenkandidaten treten - wohl mehr ehrenhalber - gegen Steinmeier an. Die Linke hat den Armutsforscher Christoph Butterwegge nominiert. Für die AfD kandidiert der Vize-Bundesvorsitzende der Partei, Albrecht Glaser, und für die Freien Wähler der Richter Alexander Hold. Als fünfter Kandidat geht Engelbert Sonneborn ins Rennen, Vater von "Die Partei"-Mitgründer Martin Sonneborn. Er wurde von den Piraten in Nordrhein-Westfalen als Kandidat nominiert. (Hier mehr zu den Kandidaten)

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SZ vom 13.02.2017
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