Süddeutsche Zeitung

USA:Warum der US-Regierung die Schließung droht

Lesezeit: 2 min

Von Hubert Wetzel, Washington

Der US-Bundesregierung droht die Schließung. Sollte der Kongress nicht bis zum Freitag einen weiteren Überbrückungshaushalt beschließen, müssten Ministerien und Behörden die Arbeit vorerst einstellen. Für viele Bürger wäre das unangenehm, weil öffentliche Einrichtungen zumachen und wichtige bürokratische Arbeiten nicht erledigt würden. Für Präsident Donald Trump wäre es zudem peinlich - er beginge den ersten Jahrestag seines Amtsantritts am 20. Januar mit einem sogenannten Shutdown.

Derartige Finanzierungsprobleme kommen immer wieder vor. Normalerweise einigen sich Republikaner und Demokraten dann - so wie in den vergangenen Monaten - zumindest auf einen kurz- oder mittelfristigen Übergangsetat, der die Regierung liquide hält. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen keine Einigung gelingt. Dann schließt die Regierung, und beide Parteien versuchen, der jeweils anderen die Schuld zuzuschieben, um heil aus der Sache herauszukommen. Die politisch wichtigste Frage heißt dann: Wen machen die amerikanischen Wähler für den Shutdown verantwortlich?

Für die Republikaner ist die Lage derzeit besonders heikel. Ein Republikaner ist Präsident, im Kongress hat die Partei sowohl im Senat als auch im Abgeordnetenhaus die Mehrheit. Entsprechend hoch ist die Erwartung der Amerikaner, dass die Regierungspartei die Arbeit der Regierung finanziert. Schafft sie das nicht, droht ihr der Zorn der Bürger - und im November findet eine Kongresswahl statt.

Vorübergehend sah es nach einem politischen Kuhhandel aus

Allerdings ist unklar, ob die republikanischen Fraktionen geschlossen sind, oder ob es Abweichler geben könnte. Einige republikanische Parlamentarier sind wütend darüber, dass die geplante deutliche Erhöhung des Verteidigungsetats ständig verschoben wird. Ob sie jetzt einem weiteren Zwischenhaushalt zustimmen werden, der dem Pentagon wieder keinen Zuschlag beschert, ist offen. Zudem brauchen die Republikaner im Senat, wo sie 51 Stimmen haben, die Hilfe von neun Demokraten. Nur so erreichen sie die nötige Supermehrheit von 60 Stimmen, die ein Haushaltsgesetz gegen Blockadetricks schützen würde.

Damit freilich sind die Demokraten im Spiel, was die Lage komplizierter macht. Sie verlangen, dass die etwa 700 000 sogenannten Dreamer dauerhaft geschützt werden - Einwanderer, die einst illegal, aber als Kinder in die USA gekommen sind und die bisher einen speziellen Aufenthaltsstatus genießen. Dieser läuft in den kommenden Monaten ab, den Dreamern droht die Abschiebung. Die Demokraten wollen den Schutz daher erneuern und in einem Haushaltsgesetz festschreiben.

Vorige Woche sah es vorübergehend so aus, als könnte das Weiße Haus einem politischen Kuhhandel zustimmen: neuer Haushalt plus Schutz für die "Träumer". Doch das klappte nicht. Einigen republikanischen Hardlinern gingen die Zugeständnisse an die Demokraten bei der Immigrationspolitik viel zu weit. Zudem beschimpfte Trump einige arme mittelamerikanische und afrikanische Länder, aus denen Einwanderer stammen, als "Dreckslöcher". In Washington tobt seit Tagen eine erregte Debatte darüber, ob der Präsident in diesem Zusammenhang das Wort "Shithole" oder "Shithouse" benutzt hat. Der Effekt ist der gleiche: Die Demokraten sind empört, nennen Trump einen Rassisten - was der bestreitet - und wollen nicht mehr über eine Einigung beim Haushalt reden.

Doch auch die Demokraten müssen entscheiden, ob sie die Schließung der Regierung riskieren wollen, um die Dreamer zu schützen. Bei der linksliberalen Parteibasis käme das wohl gut an. Weniger begeistert wären aber wohl die Wähler in konservativeren Bundesstaaten, wo die Demokraten bei der Kongresswahl im November wegen der Unbeliebtheit Trumps auf große Zugewinne hoffen. Eine Amnestie für - so sehen Konservative die Dreamer - junge illegale Einwanderer erzwingen zu wollen, könnte den Demokraten durchaus auch schaden.

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Quelle:
SZ vom 17.01.2018
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