Süddeutsche Zeitung

Nato-Treffen:USA und Türkei streiten über heiklen Waffendeal

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Am Rande der Feierlichkeiten zum 70. Nato-Geburtstag eskaliert der Konflikt zwischen den USA und der Türkei. Der Grund des Streites zwischen den beiden Bündnispartnern ist ein Waffendeal, den die Türkei mit Russland eingehen will.

Bereits seit Längerem ist die Regierung in Ankara am Ankauf des russischen Luftabwehrsystems S-400 interessiert. Gleichzeitig plant sie seit geraumer Zeit, von den Amerikanern F-35-Kampfjets zu beziehen. Die USA fürchten nun, dass Russland an sensible Daten über die Fähigkeiten der Tarnkappen-Flugzeuge gelangen könnte, wenn die Türkei das S-400-Abwehrsystem installiert. Die US-Regierung will der Türkei stattdessen ihr Flugabwehrraketensystem Patriot verkaufen und setzt Ankara unter Druck.

Die Auslieferung von Material für Kampfjets hat Washington bereits vorerst gestoppt. Solange die türkische Regierung nicht auf das russische Luftabwehrsystem S-400 verzichte, würden die Auslieferungen und Aktivitäten rund um die F-35-Jets ausgesetzt, teilte das US-Verteidigungsministerium mit.

Die USA sehen in Russland einen Gegner

US-Vizepräsident Mike Pence betonte am Mittwoch, die USA würden nicht tatenlos zusehen, "während Nato-Verbündete Waffen von unseren Gegnern kaufen". Der Kauf des russischen S-400-Systems stelle "eine große Gefahr für die Nato und für die Stärke des Bündnisses dar", sagte der Vizepräsident. "Dass die Türkei diese Pläne sogar weiterverfolgt, nachdem die Vereinigten Staaten ihr Patriot-Luftverteidigungssystem verfügbar machen, ist zutiefst beunruhigend."

Die Türkei müsse wählen, ob sie "ein entscheidender Partner des erfolgreichsten Militärbündnisses der Weltgeschichte bleiben" oder ob das Land durch "unverantwortliche Entscheidungen" die Partnerschaft riskieren wolle, schrieb Pence auf Twitter.

Der türkische Außenminister erwiderte vor Beginn des Nato-Treffens in Washington, dass sein Land keinesfalls auf den Ankauf des russischen Luftabwehrsystems verzichten werde. Der Deal sei abgeschlossen, "wir werden davon nicht zurücktreten", sagte Mevlüt Çavuşoğlu. Er halte es auch nicht für ausgemacht, dass die Türkei wegen des russischen Systems auf amerikanische F-35-Kampfjets verzichten müsse. Zudem müsse das Raketenabwehrsystem S-400 auch nicht mit Nato-Systemen kompatibel sein, sagte er. Es sei ein Verteidigungssystem für den Eigengebrauch.

Çavuşoğlu warnte die USA darüber hinaus davor, die Türkei vor die Wahl zu stellen, entweder gute Beziehungen zu Russland oder zu den USA zu haben. Am Beispiel der Ukraine habe sich gezeigt, wohin so etwas führen könne, sagte er mit Blick auf den dortigen Bürgerkrieg.

USA warnen vor Operationen in Syrien

Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay reagierte ebenfalls. "Die Vereinigten Staaten müssen wählen", schrieb er auf Twitter. "Wollen sie ein Verbündeter der Türkei bleiben, oder wollen sie unsere Freundschaft riskieren, indem sie sich mit Terroristen zusammentun, um die Verteidigung ihres Nato-Verbündeten gegen seine Feinde zu untergraben?" Oktay spielte damit auf die Unterstützung der USA für die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien an. Ankara sieht in der YPG einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

Die USA wiederum warnten die türkische Regierung vor eigenmächtigen Militäroperationen in Nordsyrien. Das US-Außenministerium teilte mit, Außenminister Mike Pompeo habe Çavuşoğlu bei einem Treffen in Washington gesagt, ein solches Vorgehen könne "potenziell verheerende Konsequenzen" nach sich ziehen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat wiederholt angedroht, militärisch gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien vorzugehen. Die von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) sind ein Partner der USA im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

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