Süddeutsche Zeitung

USA:Trumps Ex-Wahlkampfberater droht jahrzehntelange Haft

Lesezeit: 3 min

Von Alan Cassidy, Washington

Es ist nicht so lange her, da führte Paul Manafort ein sehr bequemes Leben. Er wohnte in großen Häusern in Manhattan und Palm Beach. An den Wochenenden fuhr er gerne in sein Anwesen in den Hamptons. Seine maßgeschneiderten Anzüge kaufte er vorzugsweise in Beverly Hills, wo er einmal bei einem einzigen Besuch in einer Boutique 130 000 Dollar ausgab.

Zum Luxus kam der Einfluss: Manafort war ein gefragter Berater in Washington und im Ausland. So gefragt, dass er zwischenzeitlich die Wahlkampagne leitete, die Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten machte.

Ein Trump-Anwalt ruft Mueller auf, seine Ermittlung zu beenden. Er habe nichts in der Hand

Die vergangenen Wochen waren für den 69 Jahre alten, stets sorgfältig frisierten Lobbyisten allerdings weniger bequem. Er verbrachte sie in einem Gefängnis in Alexandria, außerhalb von Washington, wo er wie alle anderen Insassen einen dunkelgrünen Overall trug und morgens um 5 Uhr aufwachte, wenn in der Zelle das Licht anging. Dort wartete er auf den Gerichtsprozess, der an diesem Dienstag in Alexandria gegen ihn beginnt. Es ist der erste Prozess, der aus der Untersuchung des Sonderermittlers Robert Mueller hervorgeht, und entsprechend groß ist das Interesse an dem Fall.

Zur Last gelegt werden Manafort mehrere Finanzdelikte, die alle aus seinen früheren Tätigkeiten als Berater und Lobbyist stammen, vor seinem Engagement bei Trump. Um die Frage, ob sich Trumps Team während der Präsidentschaftskampagne 2016 mit russischen Agenten abgesprochen hat, wird es im Prozess nicht gehen. Doch das Urteil der Geschworenen dürfte einen Einfluss darauf haben, wie die amerikanische Öffentlichkeit die Mueller-Untersuchung bewertet. Ein Schuldspruch für Manafort würde die Glaubwürdigkeit der Untersuchung stärken. Ein Freispruch hingegen wäre ein Erfolg für jene Verteidiger Trumps, die darin eine ausschließlich politisch motivierte Aktion sehen.

Von einer "Hexenjagd" spricht natürlich vor allem der Präsident selber. Übers Wochenende steigerte Trump seine Angriffe auf Mueller über Twitter ein weiteres Mal. Dessen Untersuchung sei eine "illegale Masche", die darin gründe, dass er, Trump, Muellers Bewerbung für den Posten als Direktor des FBI abgelehnt habe. Rudy Giuliani, der Anwalt des Präsidenten, rief Mueller in mehreren Interviews dazu auf, seine Ermittlungen abzuschließen: "Sie haben verdammt noch mal nichts in der Hand."

Nun also der Prozess gegen Manafort. Die lange Liste von Anklagepunkten betrifft hauptsächlich die Zeit, in der er als Berater für den früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch tätig war. Dieses Mandat war recht einträglich: 30 Millionen Dollar soll Manafort damit verdient haben. Von 2006 an, so die Anklage, habe er damit begonnen, dieses Einkommen auf Offshore-Konten vor den Steuerbehörden zu verstecken.

Nachdem der russlandfreundliche Janukowitsch im Zuge der Maidan-Revolution 2014 aus dem Amt gejagt worden war, versiegte die Einnahmequelle. Um seinen ausschweifenden Lebensstil weiter finanzieren zu können, habe sich Manafort mit Bankbetrug beholfen, so die Anklage. Bei einem Schuldspruch droht ihm eine jahrzehntelange Gefängnisstrafe. Manafort bestreitet die Vorwürfe.

Manafort könnte Trump in Bedrängnis bringen

Von den 32 Personen, die Sonderermittler Mueller bisher angeklagt hat, ist Manafort der Erste, der es auf ein Gerichtsverfahren ankommen lässt. Bei den meisten Angeklagten handelt es sich um russische Staatsbürger, die sich nicht in den USA befinden. Andere Angeklagte, darunter Trumps früherer nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn, haben sich geringerer Vergehen schuldig bekannt und kooperieren seither mit Muellers Ermittlern.

Auch Manaforts frühere rechte Hand Rick Gates legte im Februar ein Geständnis in mehreren Punkten ab. Er wird wohl während des Prozesses gegen seinen ehemaligen Chef aussagen. Und Gates wird nicht der Einzige sein: Bis zu 35 Zeugen will die Staatsanwaltschaft vor Gericht aufbieten.

Für seine Verteidiger ist Trumps früherer Wahlkampfmanager ein Opfer von Muellers breit angelegter Ermittlung. Indem Mueller möglichst viel Druck auf Manafort ausübe, wolle er ihn dazu bringen, doch noch mit ihm zu kooperieren. Auch der Richter im jetzt beginnenden Prozess schien diesen Verdacht zu haben. "Sie interessieren sich gar nicht für Manaforts Bankbetrug", behauptete Bezirksrichter Thomas Selby Ellis III gegenüber den Staatsanwälten bei einer Sitzung vor Prozessbeginn, in der es unter anderem um die Zulassung von Beweismitteln ging: "Sie interessieren sich bloß dafür, was Manafort Ihnen geben könnte, das zu einer Anklage oder einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump führen könnte."

Der Prozess in Alexandria ist auf drei Wochen angesetzt. Im September muss sich Manafort zudem in Washington einem zweiten Verfahren stellen, in dem es um Geldwäsche und um nicht deklarierte Lobbyarbeit für ausländische Interessen geht. Beobachter halten es deshalb für möglich, dass sich Manafort doch noch zur Kooperation mit Muellers Leuten entschließt, um Strafmilderung zu erreichen. Er wäre damit in guter Gesellschaft: In eine ähnliche Richtung bewegte sich vergangene Woche bereits Michael Cohen, Trumps früherer Anwalt, gegen den die Staatsanwaltschaft von New York ermittelt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4075292
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 31.07.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.