Süddeutsche Zeitung

Folgen des Krieges:Hunderttausende fliehen aus der Ukraine

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Der Angriff Russlands löst eine Fluchtwelle aus. Deutschland und die EU kündigen eine unbürokratische Aufnahme von Flüchtenden an. Auch die humanitäre Hilfe für die Menschen vor Ort beginnt.

Von Markus Balser, Berlin

Angesichts der heftigen Angriffe Russlands suchen immer mehr Menschen aus der Ukraine Schutz im benachbarten Ausland. Wie der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, am Montag auf Twitter bekannt gab, sind bereits mehr als 500 000 Menschen in benachbarte Länder geflohen. Allein seit Sonntagabend stieg die Zahl um etwa 80 000. Mehr als die Hälfte suchten Zuflucht in Polen. Andere wichtige Zielländer sind laut UNHCR Rumänien, Moldau, Ungarn und die Slowakei. In Deutschland seien seit Beginn des Krieges 1800 Flüchtende angekommen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag.

Deutsche Behörden bereiten sich allerdings bereits auf deutlich größere Zahlen von Flüchtenden vor, die auch nach Deutschland kommen könnten. Die EU plant nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) deren unbürokratische Aufnahme. "Alle EU-Staaten sind zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine bereit", sagte Faeser. "Das ist eine starke Antwort Europas auf das furchtbare Leid, das Putin mit seinem verbrecherischen Angriffskrieg verursacht."

Die Europäische Union bereitet einen Beschluss für die nächsten Tage über eine juristische Lösung vor. Ziel ist ein Bleiberecht von bis zu drei Jahren für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Die EU will erstmals in ihrer Geschichte eine Richtlinie aktivieren, die nach dem Krieg auf dem Balkan in den 1990er-Jahren ausgearbeitet wurde. Sie sieht im Kriegsfall ein einheitliches Schutzniveau in allen Mitgliedsländern vor. Dazu zählt eine Aufenthaltsgenehmigung, Zugang zu Beschäftigung, Sozialhilfe und medizinischer Versorgung.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass bis zu vier Millionen Ukrainer fliehen könnten

Nach Angaben aus Kreisen der Bundesregierung soll spätestens am Donnerstag, wenn sich Europas Innenminister in Brüssel treffen, eine Entscheidung fallen. Nach heftigem Streit über die Verteilung von Flüchtlingen in den vergangenen Jahren herrsche beim Thema Ukraine angesichts des großen Leids Einigkeit. Kein Land lehne das Vorgehen ab. Der unbürokratische Schutz soll den Angaben zufolge auch für Menschen aus anderen Nationen gelten, die sich noch in der Ukraine aufhalten.

In der EU wird befürchtet, dass sich die humanitäre Lage in der Ukraine noch verschlechtert. Dabei verweist sie auf Schätzungen der Vereinten Nationen, dass bis zu vier Millionen Ukrainer fliehen könnten, wenn die Kämpfe weiter eskalieren. In Europa wächst auch die Sorge um die humanitäre Lage innerhalb der Ukraine. Die Behörden in Deutschland seien dabei, humanitäre Hilfe auf den Weg zu bringen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums weiter. So bereite sich das Technische Hilfswerk auf Transporte vor und beschaffe Hilfsgüter. Auf EU-Ebene spreche man über Hubs, also Knotenpunkte, wo medizinisches Material und Ausstattung nahe der Grenze zur Ukraine gebündelt werden solle.

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