Süddeutsche Zeitung

Russland-Affäre:US-Senat findet keinen Beweis gegen Trump

Lesezeit: 3 min

Von Thorsten Denkler, New York

Es ist ein Art Freispruch zweiter Klasse, den führende Mitglieder des Geheimdienstausschusses im US-Senat jetzt ausgesprochen haben. Zwei Jahre lang haben sie versucht, Beweise dafür zu finden, dass Trumps Wahlkampfteam bewusst und vorsätzlich mit der russischen Regierung zusammengearbeitet hat, um die Wahl 2016 zu gewinnen. Aus der Ermittlung gewinnen Demokraten und Republikaner die Erkenntnis: Einen direkten Beweis haben sie nicht gefunden und werden sie wohl auch nicht mehr finden, berichtet der Nachrichtensender NBC News.

Der republikanische Senator und Ausschussvorsitzende Richard Burr aus North Carolina sagte bereits vergangene Woche in einem CBS-Interview: "Wenn wir jetzt einen Bericht schreiben würden auf der Grundlage der Fakten, die wir kennen, dann haben wir nichts, was vermuten lassen könnte, dass es eine geheime Zusammenarbeit des Trump-Teams mit Russland gab."

Jetzt räumen das im Kern auch Demokraten ein. Einer, der nicht genannt werden wollte, sagte NBC News: "Wir werden nie den mit Blut unterzeichneten Vertrag finden, in dem steht 'Hey Vlad (Wladimir Putin; Anm. d. Red.), wir werden kooperieren'."

Beide Seiten glauben offenbar auch nicht, dass noch neue Erkenntnisse zu erwarten sind. "Wir wissen, dass wir uns dem Fassboden nähern, weil es keine neuen Fragen gibt, auf die wir noch eine Antwort suchen könnten", sagte Senator Barr. Der Ausschuss hat in zwei Jahren über 200 Zeugen gehört und mehr als 300 000 Seiten Papier durchforstet.

Indizien für eine Zusammenarbeit haben sie dagegen reichlich gefunden. Zwischen Offiziellen aus Trumps Team und russischen Regierungsvertretern hat es vor der Wahl mehr als 100 Kontakte gegeben. In manche waren auch engste Vertraute von Trump involviert, etwa Trumps Sohn Donald Trump Junior oder sein Schwiegersohn Jared Kushner. Es gibt Mails von Donald Trump Junior, die zeigen, dass es zumindest eine hohe Bereitschaft gab, auf russische Angebote der Zusammenarbeit einzugehen.

Die russische Seite war offenbar bereit, belastendes Material über Trumps Kontrahentin Hillary Clinton mit der Trump-Kampagne zu teilen. Vor der Wahl haben sich deswegen unter anderem Donald Trump Junior und Jared Kushner mit einer russischen Anwältin im New Yorker Trump Tower getroffen. Angeblich sei die Anwältin aber mit leeren Händen gekommen. Trump hat im Juli 2016 die russische Regierung sogar öffentlich gebeten, nach Clinton-E-Mails zu suchen: " Russland, wenn ihr zuhört, ich hoffe ihr seid in der Lage, die 30,000 E-Mails zu finden, die vermisst werden."

Entgegen Trumps Beteuerungen während des Wahlkampfes hatte er noch bis weit in den Wahlkampf hinein Geschäftskontakte mit der russischen Regierung. Sein ehemaliger persönlicher Anwalt Michael Cohen sagte aus, er habe in Trumps Auftrag bis Juni 2016 versucht, ein Geschäft über den Bau eines Trump Towers in Moskau abzuschließen. Ohne Zustimmung des Kremls wäre so ein Bau nicht möglich.

Einem Beweis am nächsten kommt noch der erst kürzlich öffentlich gewordene Umstand, dass Trumps früherer Wahlkampfmanager Paul Manafort detaillierte Umfragedaten mit einem Mann geteilt hat, den das FBI als gut vernetzt mit russischen Geheimdiensten ansieht. Die Daten könnten Russland geholfen haben, seine Desinformationskampagne zu optimieren.

Der Bericht von Sonderermittler Robert Mueller steht noch aus

Manafort erwartet jetzt eine lange Gefängnisstrafe im Zuge der Untersuchungen von Robert Mueller, dem Sonderermittler des US-Justizministeriums in der Russland-Affäre. Es geht da vor allem um lang zurückliegende Fälle von Bank- und Steuerbetrug. Bisher ist Manafort nicht im Zusammenhang mit der Wahl 2016 angeklagt worden.

Die Ermittlungen von Mueller laufen noch. Es wird erwartet, dass er in den kommenden Wochen seinen Bericht fertigstellen wird. Beobachter glauben aber nicht, dass Mueller bahnbrechende neue Erkenntnisse vorlegen wird.

Vor einem Jahr haben bereits die Republikaner im Repräsentantenhaus die Ermittlungen ihrer Kammer für abgeschlossen erklärt. Der Schritt rief massive Kritik hervor, weil die Demokraten in diese Entscheidung nicht eingebunden waren. Jetzt haben die Demokraten im House die Mehrheit. Sie haben angekündigt, die Ermittlungen wieder intensivieren zu wollen. Die parlamentarischen Untersuchungen sind also noch lange nicht vorbei. Dennoch dämpft die gemeinsame Einschätzung der Senatoren, dass wohl kein stichhaltiger Beweis gefunden wird, zu hohe Erwartungen.

Kaum einen Zweifel gibt es allerdings daran, dass die russische Regierung alles daran gesetzt hat, Trump zum Wahlsieg zu verhelfen. Zum einen mit einer breit angelegten Desinformationskampagne in den sozialen Medien. Oder mit diversen Versuchen, Trumps Wahlkampfteam zur Zusammenarbeit zu bewegen. Und nicht zuletzt mit krimineller Energie, indem sie Hacker beauftragt hat, belastendes Material gegen Clinton zu stehlen. So sehen es jedenfalls die US-Geheimdienste.

Der Bericht der Senatoren im Geheimdienstausschuss wird in wenigen Monaten zu erwarten sein. Der demokratische Senator Mark Warner aus Virginia sagt, er werde dem amerikanischen Volk so gut es geht die Fakten präsentieren. Dann sei es an den Menschen, zu entscheiden, "ob das - nach welcher Definition auch immer - eine geheime Zusammenarbeit war".

Dem US-Präsidenten aber muss noch jemand erklären, was das bedeutet. Mit Genugtuung twitterte er, der Senat sei zu dem Schluss gekommen, es habe "keine Zusammenarbeit mit Russland gegeben". Nun, keinen Beweis für eine Straftat zu finden, bedeutet nicht, das nichts passiert ist.

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