Süddeutsche Zeitung

Donald Trump:Die Republikaner murren

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Von Hubert Wetzel, Washington

Es gibt offenbar selbst für Donald Trump eine Grenze der Dreistigkeit. Der US-Präsident zierte sich zwar einige Tage lang, aber am Samstagabend gab er schimpfend nach. Das Gipfeltreffen der sieben führenden Industriestaaten (G 7), das die USA nächstes Jahr ausrichten, werde nun doch nicht, wie vor einigen Tagen angekündigt, in seinem Golfresort National Doral in Florida stattfinden, twitterte Trump. Die feindlichen Medien und die verrückten Demokraten hätten so ein Theater gemacht, dass er nun nach einer anderen Örtlichkeit suchen lasse.

Möglicherweise, so Trump, werde der Gipfel nach Camp David verlegt, das Wochenendanwesen der amerikanischen Präsidenten bei Washington. Das hätte den Vorteil, dass wenigstens kein anderer Hotelkonzern das Millionengeschäft mit dem G-7-Treffen macht, das der Firma des Präsidenten jetzt entgeht.

Was Donald Trump in seinen Tweets am Samstag nicht erwähnte: Es waren keineswegs nur die Medien und die Demokraten, die darin ein Problem gesehen hatten, dass der Präsident der USA für eine offizielle Großveranstaltung eines seiner eigenen Hotels buchen wollte - noch dazu eines, das finanziell nicht gut dasteht. Das roch selbst vielen Republikanern zu sehr nach Selbstbereicherung und Korruption.

Jedenfalls waren die US-Medien am Tag nach der Bekanntgabe des Gipfelortes plötzlich voller Berichte, in denen anonyme, aber auch namentlich genannte Republikaner den Präsidenten kritisierten. "Ich soll rausgehen und das verteidigen", ließ sich zum Beispiel der Abgeordnete Mike Simpson aus Idaho zitieren, normalerweise ein Verbündeter des Präsidenten. "Nun, ich bin mir nicht sicher, dass ich das kann."

Vor allem die Syrien-Entscheidung hat Republikaner erzürnt

Die G-7-Kapriole war ja nur die vorerst letzte in einer ganzen Reihe von fragwürdigen Entscheidungen, die Trump den Republikanern in den vergangenen Wochen zugemutet hat. Davor gab es zum einen die Enthüllungen darüber, dass Trump und diverse Untergebene versucht hatten, die Ukraine zu Ermittlungen gegen den früheren Vizepräsidenten und heutigen demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden zu drängen. Die Demokraten sahen darin einen eklatanten, illegalen Fall von Amts- und Machtmissbrauch. Sie haben deswegen ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten begonnen.

Zum anderen hat Trump seine Parteifreunde durch den abrupten Befehl in die Bredouille gebracht, die amerikanischen Truppen von der syrisch-türkischen Grenze abzuziehen. De facto gab er damit der türkischen Regierung freie Hand für einen Angriff auf die syrischen Kurden, die einst gute US-Verbündete im Kampf gegen die Terrororganisation IS waren.

Vor allem diese Syrien-Entscheidung hat bei den Republikanern eine regelrechte Welle des Zorns gegen ihren Präsidenten ausgelöst. Mehr als zwei Drittel der Parlamentarier der Partei stimmten im Abgeordnetenhaus für eine Resolution, in welcher der US-Rückzug in Syrien verurteilt wurde. Im Senat setzte sich einer der engsten Vertrauten und wichtigsten Unterstützer von Trump, Lindsey Graham, an die Spitze der Kritiker. Er bezeichnete Trumps Abzugsbefehl schlicht als Desaster.

Im Vergleich zu dem Aufschrei über Syrien war die Empörung der Republikaner wegen der Ukraine-Machenschaften deutlich gedämpfter. Im Abgeordnetenhaus ließ nur ein Republikaner, Francis Rooney aus Florida, anklingen, dass er möglicherweise bereit sein könnte, für eine Amtsenthebung Trumps zu stimmen. "Ich denke darüber nach", sagte er. Im Senat übt zudem seit Wochen Trumps alter Intimfeind Mitt Romney Kritik am Präsidenten. Eine ausländische Regierung um Wahlkampfhilfe zu bitten, sei "besorgniserregend", so Romney. Dass Trump die kurdischen Waffenbrüder an die Türkei verraten hat, nannte Romney einen "Blutfleck in den Annalen der amerikanischen Geschichte".

Man sollte das Grummeln auf dem Kapitolshügel freilich nicht überbewerten. Es gibt Republikaner im Kongress, die Trump kritisieren; zumal wenn dieser wie im Falle des G-7-Gipfels so zweifelhafte Entscheidungen trifft, dass es fast schon lächerlich ist, sie ernsthaft zu verteidigen. Aber eine breite Meuterei gegen den Präsidenten findet im Parlament nicht statt. Die große Mehrheit der Republikaner hält immer noch zu Trump, auch wenn viele von ihnen heimlich mit den Augen rollen.

Das hat einerseits mit Angst zu tun: Trump zu attackieren, kann das Ende der eigenen politischen Karriere bedeuten. Es war kein Zufall, dass der Abgeordnete Rooney nur einen Tag nachdem er gesagt hatte, er denke darüber nach, für Trumps Amtsenthebung zu stimmen, seinen Verzicht auf eine weitere Kandidatur verkündete. Andernfalls hätte das Trump-Lager ihm wohl nächstes Jahr im parteiinternen Vorwahlkampf die Hölle heißgemacht.

Hinter der zähneknirschenden Treue zu Trump steckt aber auch Kalkulation. Das sieht man bei Mitch McConnell, dem republikanischen Mehrheitsführer im Senat. Er hält von vielem, was Trump tut, nicht besondern viel. Aber er ist sehr zufrieden, dass der Präsident ihm jede Menge konservative Richterkandidaten zur Bestätigung schickt. McConnell hat daher Trumps Syrien-Politik in einem Gastbeitrag in der Washington Post - mithin für das elitäre Fachpublikum in der Hauptstadt - als verheerenden Fehler beschrieben. Daheim in Kentucky, wo er 2020 zur Wiederwahl steht, erzählt McConnell den Bürgern in Fernsehfilmchen gleichzeitig, dass nur er Donald Trump vor dem Impeachment durch die Demokraten retten kann.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2019
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