Süddeutsche Zeitung

Anklage:Trump plädiert auf "nicht schuldig"

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Der ehemalige US-Präsident steht wegen versuchten Wahlbetrugs und seiner Rolle beim Sturm aufs Kapitol vor Gericht. Die neue Anklage wird verlesen - es sind die bislang schwersten Anschuldigungen gegen ihn.

Von Nadja Lissok

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat vor Gericht auf "nicht schuldig" plädiert. In der Anklage, die am Donnerstag in Washington verlesen wurde, ging es erstmals um Vorgänge während seiner Amtszeit, nämlich um sein Verhalten nach seiner Abwahl im November 2020 und um den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021, der in einem beispiellosen Gewaltausbruch endete. Nach nur 27 Minuten konnte der republikanische Präsidentschaftskandidat den Gerichtssaal wieder verlassen. Der nächste Termin ist am 28. August, dann soll das Datum des Hauptverfahrens festgelegt werden.

Mittlerweile hat der ehemalige US-Präsident schon wieder sein Privatflugzeug bestiegen - nicht ohne sich vorher noch einmal bitterlich über die Strafverfolgung gegen ihn zu beklagen. "Das ist die Verfolgung eines politischen Gegners", sagte Trump. "Das hätte in Amerika nie passieren dürfen." Er werde nur deswegen strafrechtlich verfolgt, weil er im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber weit vorne liege. Es sei ein trauriger Tag für Amerika.

Zuvor saß Trump wie üblich gekleidet in dunklem Anzug und roter Krawatte im Gerichtssaal. Er nahm zwischen seinen Anwälten John Lauro und Todd Blanche Platz und unterhielt sich bis zur Eröffnung der Sitzung leise hinter vorgehaltener Hand, wie Reporter mehrerer Medien berichteten.

Trump muss sich gerade in mehreren Fällen vor Gericht verantworten

Vor dem Gerichtsgebäude in Washington herrschte enormer Medienandrang. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden hochgefahren. Bevor er den Gerichtssaal betreten konnte, musste Trump zunächst eine Registrierung durchlaufen. Formal wurde er unter Gewahrsam genommen, allerdings nur vorübergehend. Er ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der sich wegen mutmaßlicher Straftaten vor Gericht verantworten muss - und das gleich in mehreren Fällen.

Sonderermittler Jack Smith listet in der 45-seitigen Anklageschrift ( hier im Original zu lesen) eine Reihe schwerer, im Falle einer Verurteilung mit langen Haftstrafen zu ahndender Taten auf. Die schwerste davon: Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Trump habe mehrfach gelogen, betrogen, getäuscht. Er habe politische Entscheidungsträger unter Druck gesetzt, sich sechs Mitverschwörer gesucht, zur Gewalt aufgerufen, die Rechte des Volkes verletzt und das Vertrauen in das politische System untergraben. Alles mit dem Ziel, die rechtmäßige Wahl zu torpedieren und - koste es, was es wolle - an der Macht zu bleiben.

Dass Trump auch tatsächlich persönlich vor Gericht erscheint, schrieb der 77-Jährige einige Stunden vorher auf der von ihm mitbegründeten Plattform Truth Social. "Ich fahre jetzt nach Washington, D.C., um festgenommen zu werden, weil ich eine korrupte, manipulierte und gestohlene Wahl angefochten habe", so seine Wortwahl. Zuvor hielt er sich in seinem Golfclub in Bedminster, New Jersey, auf.

Trump inszeniert sich weiter als politisches Justizopfer

Vor dem Termin wetterte er gegen die US-amerikanische Justiz. "Die Demokraten wollen nicht gegen mich antreten, sonst würden sie die 'Justiz' nicht so beispiellos als Waffe einsetzen", schrieb Trump auf Truth Social. Dabei warf er Präsident Joe Biden vor, er habe die rechtlichen Schritte persönlich angeordnet.

Die Anklageverlesung findet in jenem Saal statt, in dem in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche Gewalttäter verurteilt wurden, die am Sturm auf das Kapitol beteiligt waren. Zuständig ist künftig Richterin Tanya Chutkan, die ihrerseits unter der Präsidentschaft von Barack Obama eingesetzt wurde. Trump dürfte bei Chutkan ein wesentlich strengeres Klima antreffen als in Florida, wo er im Juni wegen des Versteckens von Geheimdokumenten angeklagt wurde. Dort führt die von ihm ernannte Richterin Aileen Cannon das Verfahren.

Bis es tatsächlich zu einem Prozess kommt, kann es noch viele Monate dauern. Zwar dringt Sonderermittler Smith auf ein zügiges Verfahren, Beobachter halten es aber für unwahrscheinlich, dass bis zur nächsten Präsidentschaftswahl ein Urteil vorliegt.

Ohnehin vereitelt eine mögliche Verurteilung weder Trumps Präsidentschaftskandidatur, noch, dass er tatsächlich Präsident werden kann. Die US-Verfassung kennt - anders als es etwa in Deutschland üblich ist - für diesen Fall keine Beschränkungen.

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