Süddeutsche Zeitung

Asien:High sein, frei sein

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Thailand hat vor einem Monat den Konsum von Cannabis legalisiert. Die Nachbarländer aber nicht. Das könnte zu bösen Missverständnissen führen.

Von David Pfeifer, Bangkok

Es gab Zeiten, da war Kiffen das sympathisch Verbotene, der verruchte Bruder des Saufens. Eigentlich illegal, aber doch irgendwie geduldet, es gab "Cheech & Chong"-Filme, symbolische Referenzen auf T-Shirts und Mützen, dazu eher ereignisarme Reggae- und Trance-Musik, die eine entspannte Gesinnung zum Ausdruck bringen sollte. Und wer es ernst meinte mit dem Konsum, der fuhr nach Holland, um mal ganz legal durchzuziehen. Dort gab es das Zeug in Coffeeshops, und meistens schmiss man den im Überschwang gekauften, aber nicht mehr verrauchten Rest kurz vor der Grenze in Panik aus dem Auto, weil man doch nicht mehr sicher war, ob nun ein oder fünf Gramm erlaubt waren. Oder nur straffrei? Nun ja, klüger hat Cannabis noch niemanden gemacht.

So ist sicher auch zu erklären, was sich derzeit in Thailand abspielt. Seit einem Monat darf jede Thailänderin und jeder Thailänder Pflanzen anbauen und damit Cannabis in geringem Umfang besitzen, eigentlich nur zum medizinischen Nutzen. De facto ist es damit legalisiert, auch wenn es offiziell keine Coffeeshops gibt, in denen man "Super Skunk" oder "Schwarzen Afghanen" kaufen kann und ereignisarme Musik läuft. Aber so ein Attest ist schnell besorgt und damit auch das Gras, das man rauchen möchte. Das alles ist noch relativ unreguliert, seit Kurzem gibt es immerhin ein Rauchverbot in der Öffentlichkeit, weil der Cannabis-Qualm zu sehr stinkt. Und nun folgen Warnungen an Touristen und Thailänder, die vergessen sollten, dass die meisten Länder um Thailand herum immer noch ausgesprochen hart gegen Cannabis-Besitzer vorgehen. Die Thailändische Botschaft in Seoul veröffentlichte vergangene Woche eine Warnung: "Thais, die nach Südkorea reisen oder dort bleiben wollen, sollten sich davor hüten, Cannabis, Hanf oder Produkte, die etwas davon enthalten, in das Land mitzuführen."

In Japan droht eine Gefängnisstrafe von bis zu sieben Jahren, für den Besitz mit Absicht zum Verkauf sogar bis zu zehn Jahren "und/oder einer Strafe von drei Millionen Yen", etwa 21 000 Euro. In Vietnam droht eine Strafe bis 500 Millionen Vietnamesischen Dong, etwa derselbe Wert - allerdings bei lebenslanger Haft - oder sogar Todesstrafe. Ähnlich in Indonesien. Wer sich noch an den Film "Für das Leben eines Freundes" erinnert, der zu einer Zeit in den Kinos lief, als es auch in Deutschland noch als Mutprobe durchging, in der Öffentlichkeit zu kiffen, wird womöglich noch wissen, dass Malaysia ebenfalls keine liberale Gesetzgebung bei Drogenvergehen hat. Das Dilemma in dem Film: zwei Freunde müssen entscheiden, ob sie freiwillig ins Gefängnis gehen, um dadurch einem Dritten die Todesstrafe zu ersparen, nachdem sie alle mit Hasch erwischt worden sind.

Dass die thailändische Regierung nun also eine in der Region doch recht einmalige Liberalisierung des Cannabis-Anbaus beschlossen hat, dürfte dem Land nicht nur einen neuen Umsatzzweig bescheren, sondern eventuell auch Touristen anlocken, nicht nur aus Europa, sondern den unmittelbaren Nachbarländern. Natürlich vor allem zu medizinischen Zwecken. Allerdings sollte man das Zeug dringend loswerden, bevor man sich wieder auf den Heimweg nach Phnom Penh, Jakarta, Seoul oder Tokio macht.

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