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Tarifpolitik:Linke fordert Ende der "Förderung von Lohndumping"

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Der Bund dürfe öffentliche Aufträge umgehend nur noch an Firmen vergeben, die nach Tarif zahlen, fordert die Linksfraktion. Vor allem weil immer mehr Geld in entsprechende Ausschreibungen fließt.

Von Benedikt Peters, München

Die Linksfraktion im Bundestag verlangt von der Bundesregierung, möglichst schnell ein sogenanntes Tariftreuegesetz auf den Weg zu bringen. Es würde den Bund verpflichten, öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen zu vergeben, die Tariflöhne zahlen. "Die Förderung von Lohndumping mit öffentlichen Geldern muss ohne schuldhaftes Verzögern jetzt umgehend beendet werden", sagte der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Pascal Meiser.

Die Kopplung öffentlicher Aufträge an Tariflöhne sei besonders wichtig, da das öffentliche Auftragsvolumen - und damit sein Anteil am Bruttoinlandsprodukt - in den letzten Jahren erheblich angestiegen sei. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken, die der SZ vorliegt, heißt es, das Gesamtvolumen öffentlicher Aufträge in Deutschland habe sich zwischen 2009 und 2019 beinahe verneunfacht. Es stieg demnach von 28,3 auf 253,6 Milliarden Euro.

Die Daten für die Jahre ab 2020 sind demnach noch nicht vollständig vorhanden. Schätzungen der EU-Kommission und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) gehen aber davon aus, dass das jährliche Volumen öffentlicher Aufträge in Deutschland mit 500 Milliarden Euro inzwischen noch weit höher liegt.

Wie hoch der Anteil der Auftragsnehmer ist, die nach Tariflohn zahlen, weiß die Bundesregierung nach eigenen Angaben nicht. Dazu lägen "keine Daten vor", heißt es in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage der Linken. Die Fraktion fordert, Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen, dessen Ressort die Daten erhebt, müsse "schleunigst dafür sorgen, dass diese Statistiken sowohl quantitativ als auch qualitativ für die notwendige Transparenz sorgen".

Im Koalitionsvertrag kündigt die Ampel-Regierung ein Tariftreuegesetz an, auch sie will, dass öffentliche Aufträge künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die einen "repräsentativen Tarifvertrag der jeweiligen Branche einhalten". Wann das Gesetz aber tatsächlich kommen soll, bleibe "abzuwarten", sagte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums der SZ.

Die Bundesregierung will mit dem Gesetz die Tarifbindung stärken. Die Zahl der Firmen, die nach Tarif zahlen, geht seit Jahren zurück. Der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge wurden im Jahr 2020 nur noch 53 Prozent der Beschäftigten in Westdeutschland und 43 Prozent der Beschäftigten in Ostdeutschland nach Tarif bezahlt.

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