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Syrien-Krieg:Türkei weitet Offensive auf Kurden aus

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Die türkische Artillerie hat nach Berichten von Staatsmedien Stellungen der Kurden im Norden von Syrien bombardiert. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, begannen die Streitkräfte ihre Angriffe auf Kämpfer der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD). Unter Berufung auf Geheimdienstinformationen hieß es, die Kurden haben sich nicht wie angenommen auf das Ostufer des Euphrats zurückgezogen, sondern versucht, Geländegewinne zu erzielen. Demnach nahmen sie seit Mittwoch sieben Dörfer ein. Einen Rückzug hätten die USA den Türken aber zugesagt, hieß es.

Anadolu zitierte Vertreter aus Sicherheitskreisen mit den Worten, die Angriffe würden so lange andauern, bis die kurdischen Milizen ihren Vormarsch stoppten. US-Vizepräsident Joe Biden hatte am Mittwoch bei einem Besuch in Ankara den Rückzug der kurdischen Einheiten verlangt - und in einem Telefongespräch am Donnerstag versichert, ein Rückzug sei im Gange. Die türkische Führung sah das anders: Verteidigungsminister Fikri Işık sagte dem Sender NTV, es gebe keinen Beweis dafür.

Ein Regierungsvertreter sagte, die Milizen müssten sich vom Gebiet westlich des Euphrats "so schnell wie möglich" zurückziehen und ihre Expansion stoppen. Nach Informationen der Zeitung Hürriyet identifizierte eine türkische Drohne PYD-Kämpfer zehn Kilometer nördlich der syrischen Stadt Manbidsch. Die Türkei habe sie beschossen und "eliminiert", berichtete das Blatt ohne nähere Angaben.

Die Türkei hatte am Mittwoch eine Großoffensive in Syrien gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gestartet. Die türkischen Streitkräfte setzten in der Umgebung des Grenzortes Dscharablus Kampfjets, Panzer und Artillerie ein. Nach Informationen von Hürriyet waren am ersten Tag der Offensive 450 Soldaten im Einsatz; diese Zahl könne bis auf 15.000 gesteigert werden. Die an der Seite der Türkei kämpfenden syrischen Rebellen nahmen die Stadt am Westufer des Euphrats in nur 14 Stunden ein, was im starken Kontrast zu Kämpfen um andere IS-kontrollierte Städte in Syrien und im Irak steht.

Entstehung eines kurdischen Autonomiegebietes verhindern

Die Offensive richtet sich explizit auch gegen die PYD. Ankara will die Ausweitung der kurdischen Einflussgebiete in Syrien und somit die Entstehung eines eigenständigen, kurdischen Autonomiegebietes verhindern. Die Kurdenmiliz ist in Syrien im Kampf gegen den IS der wichtigste Partner der internationalen Koalition. Die Kurden haben von den Extremisten im Norden Syriens mit Luftunterstützung der Koalition große Gebiete erobert und dort eine Selbstverwaltung ausgerufen. Zudem kontrollieren die Kurden den größten Teil der Grenze zur Türkei.

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