Süddeutsche Zeitung

Krieg in Syrien:Warum Assad einen schönen Sommer verbringt

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Die USA stellen ihre Hilfe für syrische Rebellen ein, doch wirkungsvolle Unterstützung gab es ohnehin nie. Washington wollte sich nicht festlegen - Diktator Assad profitiert heute davon.

Kommentar von Moritz Baumstieger

Unbeschwerte Sommertage sind das gerade für Baschar al-Assad: Syriens Machthaber empfängt im Kurzarm-Hemd Delegationen erfolgreicher Sportler und schießt Selfies mit verwundeten Soldaten. Höchstens ein bisschen heiß ist es derzeit in Damaskus, die Temperaturen sollen bald auf 40 Grad klettern. Im klimatisierten Präsidentenpalast wird man davon nicht viel mitbekommen.

Um den Bürgerkrieg, der seit sechs Jahren in seinem Land tobt, 500 000 Menschen das Leben gekostet und die zehnfache Zahl an Syrern zur Flucht ins Ausland getrieben hat, muss sich Assad wenig Sorgen machen: Er hat ihn spätestens jetzt gewonnen. Schon vor einer Woche verständigte sich US-Präsident Donald Trump in Paris mit Emmanuel Macron darauf, dass der Kampf gegen islamistischen Terror von nun an die alleinige Priorität sein soll. Assads Abgang fordert nun auch Paris nicht mehr.

Und wenn die USA jetzt die Unterstützung einstellen, die sie einigen Rebellengruppen bisher zukommen ließen, fällt das letzte Druckmittel weg, mit dem die einstige Ordnungsmacht den Diktator zu Zugeständnissen zwingen wollte.

Klandestine Waffenlieferungen mit falsch deklarierten Flugzeugen, von der CIA in geheimen Camps trainierte Kämpfer - die Hilfe für syrische Rebellen erinnerte Kritiker an unrühmliche Kapitel der US-Außenpolitik, an Schweinebucht- und Mossaddegh-Affäre.

Vergleichen lässt sich der Fall Syrien mit diesen Umsturzversuchen jedoch kaum: Als die USA das Programm 2013 starteten, wehrte sich die Opposition schon seit zwei Jahren gegen Angriffe von Assads Truppen.

Auch wenn es immer wieder behauptet wird: Ziel der Intervention war nicht zwingend der Sturz Assads, etwa weil er sich gegen ein Pipeline-Projekt stellen oder vom US-Dollar abwenden wollte. Der Ursprung des Konflikts liegt bei Assad selbst, in der Repression des Regimes gegen die eigenen Bürger.

Das Hilfsprogramm der USA für Rebellen - eine Farce

Dass von den USA unterstützte Rebellen Syriens Diktator auf dem Schlachtfeld besiegen könnten, glaubten auch die damalige Außenministerin Hillary Clinton und der CIA-Chef nicht, als sie Präsident Barack Obama zu den Waffenlieferungen drängten. Die Hoffnung war, Assad so weit in die Defensive zu drängen, dass er am Verhandlungstisch Platz nimmt - und dort zu echten Kompromissen gezwungen ist.

Der Plan ging von Anfang an nicht auf: Aus Angst, dass Waffen und Kriegs-Know-how in falschen Händen landen könnten, unterstützte Obama die Rebellen nur halbherzig. Teils erfüllten sich sogar die schlimmsten Befürchtungen, wenn etwa Mitglieder der von den USA geförderten Miliz Nour el-Din el-Zinki einen Elfjährigen köpften. Später kämpften die Zinki-Milizionäre Seite an Seite mit dem syrischen Al-Qaida-Ableger.

Spätestens mit dem Kriegseintritt Russlands im Herbsts 2015 war das Unterstützungsprojekt gescheitert. Putin und Assad konzentrierten sich mit ihren Angriffen vor allem auf die Aufständischen und nicht auf den sogenannten Islamischen Staat (IS). Mit der Wiedereroberung Aleppos war klar, dass die Opposition das Regime in Damaskus militärisch nicht mehr zu Zugeständnissen wird zwingen können.

Wenn in den USA nun Senatoren wie der republikanische Trump-Kritiker Lindsey Graham beklagen, die Einstellung des Programms sei eine Kapitulation vor Putin, Assad und Iran, dann haben sie einerseits recht.

Andererseits liegt es nicht nur an Trump, dass Assad derzeit genüsslich zusehen kann, wie seine Gegner von einst (die USA und die von ihnen weiter unterstützten Kurden im Norden Syriens) die Arbeit für ihn erledigen und ihm den IS als letzten verbliebenen Feind vom Leib halten. Assads schöner Sommer 2017 begann schon vor Jahren.

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Quelle:
SZ vom 21.07.2017
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