Süddeutsche Zeitung

Südafrika:South African Airways hebt wieder ab

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Die staatliche Fluglinie South African Airways war von Korruption zerfressen und wagt nun den Neustart. Der regierende ANC will beweisen, dass er aus der Vergangenheit gelernt hat. Viele Südafrikaner haben Zweifel.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

"Wir haben euch vermisst", heißt es in den Anzeigen von South African Airways (SAA), mit denen die südafrikanische Fluglinie die Wiederaufnahme des Flugverkehrs ankündigt. Ende September soll es wieder losgehen, etwa eineinhalb Jahre nach dem letzten Flug.

Die Corona-Pandemie hat vielen Fluggesellschaften auf der ganzen Welt das Leben schwer gemacht, SAA hat sie nur den Rest gegeben, die Probleme haben lange vorher begonnen: Seit 2011 hatte die Staatsfluglinie keinen Gewinn mehr gemacht, war zum Selbstbedienungsladen der korrupten Clique um den damaligen Präsidenten Jacob Zuma geworden, der seine Jugendfreundin zur Chefin der Airline machte. Die Business Class war meist eine Art kleiner ANC-Parteitag, selbst ehemalige Minister hatten noch das Anrecht auf 48 Business-Flüge im Jahr. Natürlich durfte auch die Familie mitgenommen werden. Allein zwischen 2014 und 2020 sollen ehemalige Kabinettsmitglieder so drei Millionen Euro verflogen haben.

Die Regelungen will das Parlament nun anpassen, um SAA nicht gleich wieder die Luft zum Atmen zu nehmen. Die Frage ist, ob die Fluggäste die Airline genauso vermisst haben wie SAA seine Passagiere in den Anzeigen. Für viele Südafrikaner ist die Airline ein Symbol der korrupten ANC-Regierung, die über die Jahre mit Hunderten Millionen Euro immer wieder vor dem Bankrott gerettet werden musste. In einem Land, in dem viele Millionen Menschen immer noch in Blechhütten wohnen, habe der Staat dringendere Aufgaben, als eine Fluglinie zu betreiben, finden viele. Vor allem, da es ja nicht an Konkurrenz mangelt, Südafrika hat ein halbes Dutzend günstiger und guter privater Fluglinien.

Etwa zwei Milliarden Euro hat der Staat in den vergangenen zehn Jahren in SAA gesteckt, zuletzt 500 Millionen im Jahr 2020, als Hunderttausende Südafrikaner wegen Corona ihre Jobs verloren und wenig Hilfe vom Staat bekamen. Pravin Gordhan, der Minister für öffentliche Unternehmen, und große Teile des gewerkschaftlich orientierten Teils des ANC sind immer noch der Meinung, dass der Staat der bessere Unternehmer ist, trotz der vielen Milliarden Euro, die in den vergangenen Jahren veruntreut wurden.

Die Konkurrenz hat nicht geschlafen

SAA soll für den ANC zur Blaupause werden, wie auch andere staatliche Unternehmen gerettet werden können. Bei SAA sollen nun private Teilhaber die Mehrheit von 51 Prozent übernehmen, ein Konsortium aus Harith, einem Unternehmen, das im südlichen Afrika in Infrastrukturprojekte investiert, und der Firma Global Aviation, die Jets vermietet. Ein Großteil der Finanzierung soll aber vom staatlichen Rentenfonds PIC kommen, was bei vielen Südafrikanern die Frage aufwirft, wie staatsfern das neue Unternehmen überhaupt ist. Noch bevor der Deal abgeschlossen ist, sollen Ende September die ersten Flüge starten. Die Opposition im Parlament fordert bereits eine Untersuchung.

Man wolle wieder fliegen, damit die lukrativen Routen nicht von der Konkurrenz bedient werden, sagte der Vorstandschef Thomas Kgolo. "Wir fliegen nicht nur, um zu fliegen. Wir haben uns die Nachfrage angeschaut und uns für Routen entschieden, auf denen wir konkurrieren können." Viel ist es bisher nicht, im Land selbst fliegt SAA nur von Johannesburg nach Kapstadt, ansonsten stehen noch Sambia, Ghana, die Demokratische Republik Kongo und Mosambik auf dem Flugplan. Es ist vielleicht ein Achtel der Routen, die SAA zu Hochzeiten bediente, als sie noch die größte Fluglinie Afrikas war. Dieser Titel ist schon längst im Besitz von Ethiopian Airlines, die auch Interesse am Kauf von SAA hatten, aber nicht den Zuschlag bekamen.

Analysten sind skeptisch, was die Zukunft von SAA angeht, der Markt ist geschrumpft, die Konkurrenz hat nicht geschlafen. Andererseits hat die Fluglinie noch viele Fans, die den guten Service und die Pünktlichkeit schätzen. Die Fluglinie besitzt auch weiter die Rechte für einige der lukrativsten Strecken der Welt, wie die Verbindung von Johannesburg nach London. Sie soll auf mittlere Sicht wiederaufgenommen werden. Auf lange Sicht, so die Hoffnung des ANC, soll die nationale Fluglinie das Symbol einer sich erneuernden Partei werden, die sich von der Korruption lossagt.

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