Süddeutsche Zeitung

Sudan:Putschversuch gescheitert

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In Khartum proben einige Offiziere den Umsturz, kommen aber nicht weit. Anschließend werden Berichten zufolge etwa 40 Soldaten verhaftet.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Am Dienstagmorgen hatte das sudanesische Staatsfernsehen die Bürger aufgerufen, sich den Putschisten "entgegenzustellen". Viel gab es aber offenbar nicht, dem man sich entgegenstellen konnte, und so meldeten die staatlichen Medien wenig später, dass der versuchte Staatsstreich auch schon wieder unter Kontrolle sei. Es blieb die Frage, ob auch ein Coup-Versuch gewisse Mindestvoraussetzungen erfüllen muss, um als ein solcher bezeichnet zu werden, und nicht bloß als Ordnungswidrigkeit.

Aus der Hauptstadt Khartum und der Zwillingsmetropole Omdurman auf der anderen Seite des Nils waren zumindest bis Dienstagnachmittag keine größeren Militärbewegungen oder gar Kampfhandlungen vermeldet worden. Offenbar hatten einige Offiziere versucht, im staatlichen Radiosender eine Botschaft zu verlesen, was aber nicht gelang.

Ein Regierungssprecher sagte, "Überreste" des Regimes des ehemaligen Diktators Omar al-Baschir hätten versucht, das staatliche Rundfunkgebäude und das Armeehauptquartier zu besetzen; etwa 40 Soldaten sollen verhaftet worden sein. Al-Baschir regierte den Sudan etwa drei Jahrzehnte lang mit großer Brutalität, im Jahr 2019 wurde er vom eigenen Militär abgesetzt, nachdem Hunderttausende vor allem junge Sudanesen monatelang für Reformen demonstriert hatten.

Das Land wird seitdem aus einem gemischten zivil-militärischen Übergangsrat regiert. Schon lange hatte es immer wieder Gerüchte über bevorstehende Putschversuche gegeben, die mehrfach vor dem eigentlichen Versuch vereitelt worden waren. Dieses Mal sah man Panzer auf den Straßen von Khartum, eine große Nilbrücke wurde für den Verkehr gesperrt. "Das war ein Versuch, den demokratischen Transformationsprozess zu sabotieren", sagte der zivile Ministerpräsident Abdalla Hamdok. Er versucht bereits seit geraumer Zeit, die Macht des Militärs einzudämmen und die Armee unter zivile Kontrolle zu bringen, was auf heftigen Widerstand von Präsident Abdel Fattah al-Burhan stößt, einem hohen General der Streitkräfte.

Er hatte aber vor einigen Wochen zugestimmt, den ehemaligen Präsidenten al-Baschir an den Internationalen Strafgerichtshof zu überstellen, der ihn wegen des Völkermords in Darfur angeklagt hat. In dem Konflikt kamen mindestens 300 000 Menschen ums Leben, etwa 2,5 Millionen mussten ihre Heimat verlassen.

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