Süddeutsche Zeitung

Afrika:Sudans Ministerpräsident tritt überraschend zurück

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Er habe sein Versprechen, eine politische Katastrophe zu verhindern, nicht einhalten können, sagt Abdullah Hamdok. Seit Wochen werden Demonstrationen blutig niedergeschlagen. Die USA dringen auf eine zivile Regierung.

Im nordostafrikanischen Krisenstaat Sudan ist Ministerpräsident Abdullah Hamdok überraschend zurückgetreten. "Ich habe beschlossen, meinen Rücktritt bekanntzugeben und Platz für andere zu machen", sagte Hamdok im Staatsfernsehen. Er habe sein Versprechen, eine politische Katastrophe in dem Land am Horn von Afrika zu verhindern, nicht einhalten können, sagte er zur Erklärung. Im Sudan gibt es seit Monaten immer wieder Demonstrationen gegen die Beteiligung des Militärs an der Übergangsregierung.

Das Militär hatte Ende Oktober bei einem Putsch die Macht an sich gerissen und Hamdok gestürzt. Erst nach Druck aus dem In- und Ausland war er wieder als Regierungschef eingesetzt worden, mit dem Militärmachthaber General Abdel Fattah al-Burhan unterzeichnete er eine Vereinbarung für eine neue Übergangsregierung.

Nach Angaben des Zentralkomitees der sudanesischen Ärzte kamen seit dem Putsch 56 Zivilisten bei Protesten ums Leben - zwei davon seien am Sonntag von Sicherheitskräften getötet worden. Die Demonstranten fordern, dass das Militär die Macht an eine zivile Regierung übergibt, und warfen Hamdok Verrat vor.

Politisches Vakuum im Sudan

Schon dem Putsch am 25. Oktober waren monatelange Proteste vorausgegangen - für politische und wirtschaftliche Reformen und den Rückzug des Militärs aus der Übergangsregierung. Am 21. November wurde Hamdok dann wieder als Regierungschef eingesetzt. Laut seiner Vereinbarung mit dem General Al-Burhan durfte Hamdok ein Kabinett mit zivilen Vertretern bilden. Als Anführer des Souveränen Rats stand Al-Burhan jedoch gemeinsam mit Hamdok an der Spitze der neuen Übergangsregierung. Dem Souveränen Rat gehören auch Vertreter des Militärs an, denen schwere Menschenrechtsverstöße und Korruption vorgeworfen werden.

Hamdoks Rücktritt versetzt den Sudan, in dem etwa 44 Millionen Menschen leben, in ein politisches Vakuum. Es ist noch unklar, ob ein ziviler Politiker oder ein Militärvertreter seinen Posten übernehmen wird. Die USA dringen nach dem Rücktritt Hamdoks darauf, dass das ostafrikanische Land wieder eine zivile Regierung bekommt. Man werde die Demokratiebestrebungen des sudanesischen Volkes weiterhin unterstützen, erklärte das Büro für afrikanische Angelegenheiten des US-Außenministeriums auf Twitter. Die Gewalt gegen Demonstranten müsse sofort eingestellt werden, hieß es weiter.

Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir mit harter Hand regiert. Der Langzeit-Machthaber wurde im April 2019 durch monatelange Massenproteste und einen Militärputsch aus dem Amt getrieben. Daraufhin einigten sich das Militär und die zivile Opposition auf eine Übergangsregierung, die den Weg zu demokratischen Wahlen 2022 ebnen sollte. Zudem waren umfangreiche Wirtschaftsreformen geplant, durch die das Militär erhebliche ökonomische Verluste hätte hinnehmen müssen. Das Militär war auch gegen die von Hamdok vorangetriebene Aufarbeitung von Menschenrechtsverstößen.

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SZ/dpa/che/saul
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