Süddeutsche Zeitung

Suche am Hindukusch:Deutsche in Afghanistan möglicherweise entführt

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Seit Freitag werden zwei Deutsche in Afghanistan vermisst - sie sind von einer Wanderung in den Bergen nicht zurückgekehrt. Ob sie entführt worden sind, ist noch unklar. Das Außenministerium kann ein Verbrechen derzeit aber nicht ausschließen.

Daniel Brössler und Tobias Matern

Zwei in Afghanistan vermisste Deutsche sind nach Befürchtungen der Bundesregierung entführt worden. Er könne nicht ausschließen, dass die beiden Bundesbürger "Opfer eines Entführungsverbrechens" geworden seien, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Dienstag in Berlin. Eingeschaltet wurde, wie bei Entführungen von Deutschen im Ausland üblich, der Krisenstab im Auswärtigen Amt. Die deutsche Seite stehe in ständigem Kontakt mit den afghanischen Behörden, sagte Westerwelle. Angaben zu den möglichen Hintergründen machte er nicht.

Die afghanischen Behörden gaben mehr Details preis: Die beiden Männer seien demnach bereits am Freitag von einer Wanderung aus dem Salang-Gebirge, das unweit der Hauptstadt Kabul in der Provinz Parwan gelegen ist, nicht zurückgekehrt. Der Gouverneur der Region, Abdul Basir Salangi, sagte der Nachrichtenagentur AFP, Angehörige des Nomadenstamms der Kutschis stünden unter Verdacht, die beiden Deutschen entführt zu haben. Die Behörden hätten mehrere Stammesmitglieder festgenommen und verhörten sie nun.

Der Polizeichef von Parwan, General Sher Ahmad Maladani, sagte der Süddeutschen Zeitung hingegen, es sei noch unklar, ob die Deutschen tatsächlich entführt worden seien. Bislang habe sich bei den Behörden niemand zu der Tat bekannt. Die Taliban und andere Aufständische seien in dem bergigen Gebiet eigentlich nicht aktiv. Die beiden Deutschen, die eine Wanderung unternehmen wollten, hätten ihrem Fahrer gesagt, sie würden gegen 16 Uhr zum Wagen zurückkehren, berichtete Polizeichef Maladani. Als sie zwei Stunden nach der vereinbarten Zeit noch immer nicht aufgetaucht seien, habe der Mann die Behörden eingeschaltet. Der Fahrer werde in Kabul befragt. Die Polizei habe vor allem den nördlichen Teil des Salang-Gebietes durchsucht, aber "wir haben sie nicht gefunden", sagte Maladani. Ein Sprecher des afghanischen Innenministeriums bestätigte, dass zwei Deutsche in der Gegend vermisst würden - nach seinen Informationen jedoch erst seit zwei Tagen.

Wie Polizeichef Maladani berichtete, könnte es sich bei den beiden Männern um deutsche Entwicklungshelfer handeln. Er sei sich aber nicht sicher. Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wollte zur Identität der Vermissten keine Angaben machen. Die Dachorganisation der deutschen Entwicklungshilfe ist in Afghanistan besonders stark engagiert. Die Vorläuferorganisation Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) meldete im vergangenen Jahr 145 entsandte Mitarbeiter in Afghanistan. Parwan gilt als für afghanische Verhältnisse vergleichsweise ruhige Provinz, die aber auch nicht von Anschlägen verschont bleibt. Beim Angriff eines Selbstmordkommandos auf den Amtssitz des Gouverneurs waren jüngst in der Provinzhauptstadt Charikar 22 Menschen getötet worden.

Bei einem Anschlag auf eine deutsch-afghanische Patrouille wurden am Dienstagmorgen drei afghanische Polizisten verletzt. Nach Bundeswehrangaben waren sie unweit der Stadt Kundus unterwegs, als nahe eines Fahrzeugs der afghanischen Polizei ein Sprengsatz explodierte. Bundeswehrsoldaten wurden nicht verletzt. Der mutmaßliche Täter flüchtete, wurde aber später festgenommen.

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Quelle:
SZ vom 24.08.2011
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