Streit um schwarz-gelbe Steuerpläne:Koalition außer Kontrolle
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Blamable Bruchlandung: Die ohnehin eingedampften schwarz-gelben Steuerpläne hielten nicht einmal eine Stunde. Dann fuhr der verärgerte dritte Koalitionspartner CSU dazwischen. Beschädigt sind nun alle, einschließlich der Kanzlerin. Der Streit zeigt, dass selbst kleine Projekte für diese Regierung zu groß sind.
Nico Fried
Nicht einmal eine volle Stunde blieb der schwarz-gelben Koalition, um am Donnerstag einen Erfolg zu feiern. Um 12 Uhr eröffneten Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine gemeinsame Pressekonferenz, in der sie den Bürgern eine steuerliche Erleichterung ankündigten. Um 12.50 Uhr kamen die ersten Meldungen aus München, wonach Horst Seehofer (CSU) das ganz anders sieht. Bei allem gebotenen Respekt lässt sich solches Gebaren nur noch mit einer Frage beantworten: Haben die noch alle Tassen im Schrank?
Sechs bis sieben Milliarden Euro Entlastung durch eine Abschwächung der kalten Progression - das ist geblieben von den hochfliegenden Steuerplänen, wie sie im Koalitionsvertrag nachzulesen sind. FDP-Chef Rösler ist zumindest dafür zu loben, dass er gar nicht erst versuchte, daraus noch einen liberalen Triumph zu machen. Und Schäuble sprach nicht einmal von einer Steuersenkung, sondern nur vom Ausstieg aus einer heimlichen Steuererhöhung. Es handelt sich also nicht um ein wirklich großes Projekt. Aber selbst die kleinen Projekte sind für diese Koalition zu groß.
Rein formal könnte man sagen, dass die zuständigen Minister Schäuble und Rösler für die Regierung einen Vorschlag gemacht haben, über den Bundestag und Bundesrat als Gesetzgeber nun befinden sollen. Insofern wäre es für den Ministerpräsidenten Horst Seehofer sogar legitim, Vorbehalte anzumelden, schließlich müsste sein Bundesland Bayern auf Einnahmen verzichten, was nicht nur Seehofer schwerfällt, sondern allen anderen Ländern auch.
So vornehm an der Verfassung entlang aber hat Seehofer seine unmissverständlichen Unmutsbekundungen wohl nicht gemeint. Er hat draufgehauen, weil er sich übergangen fühlte. Oder weil er eine Gegenleistung fordert. Oder warum auch immer. Es ist egal, weil der Eindruck für die Koalition insgesamt immer gleich bleibt: verheerend.
Eigentlich sollte an diesem Donnerstag nur Philipp Rösler die Wirtschaftsprognose vorstellen. Dann kam der Finanzminister mit, um den Steuerbeschluss zu verkünden. Es sollte wohl auch ein Signal der Geschlossenheit sein, wie Politiker das gerne nennen. Und ein Zeichen, dass die Regierung bei all dem Geld, das zur Rettung des Euro und einiger europäischer Staaten in Rede steht, die Wähler zu Hause nicht vergisst. Dank der ungenügenden Absprache zwischen den Koalitionspartnern ist das gründlich schiefgegangen. Mal wieder.
Beschädigt sind nun alle, einschließlich der Kanzlerin, die an der Spitze einer Koalition steht, sie aber offensichtlich nicht im Griff hat. Dieses schwarz-gelbe Führungspersonal, das nicht einmal in der Lage ist, sich auf einen Sieben-Milliarden-Euro-Beschluss so zu verständigen, dass er wenigstens eine Stunde hält, ist übrigens dasselbe schwarz-gelbe Führungspersonal, das den Euro mit Hunderten Milliarden Euro retten will. Na dann ...