Süddeutsche Zeitung

Europäische Schutzmission im Golf:Fünf Fregatten, drei Aufklärer, ein Versorgungsschiff

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Von Mike Szymanski, Berlin, und Paul-Anton Krüger, Berlin

Die Debatte über einen möglichen deutschen Beitrag zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Persischen Golf und der Straße von Hormus ebbt nicht ab. An der US-Militärmission wird sich Deutschland zwar nicht beteiligen. Die Absage der Bundesregierung war deutlich. Aber Außenminister Heiko Maas (SPD) hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, europäische Partner für eine gemeinsame Beobachtermission zu gewinnen, nachdem in der Straße von Hormus wiederholt Tanker festgesetzt worden waren. Die USA machen Iran für die Eskalation verantwortlich und befeuern den Konflikt. Täten sich die Europäer zusammen, wären sie militärisch durchaus in der Lage, einen eigenen Einsatz stemmen zu können. Zu diesem Ergebnis kommt ein Zusammenschluss von Experten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und der Universität der Bundeswehr München in einer Analyse, die zuvor der Süddeutschen Zeitung vorlag und inzwischen veröffentlicht ist.

Das 13 Seiten umfassende Dokument mit dem Namen "Ein Schiff wird kommen? Deutsche maritime Optionen in der Straße von Hormus" liefert Anhaltspunkte dafür, wie ein Einsatz an der Straße von Hormus konkret ausgestaltet sein könnte. Dazu hat sich das Autorenteam aus Christian Mölling, Torben Schütz (beide DGAP) und Carlo Masala (Bundeswehr-Universität) auch konkret mit der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Flotten beschäftigt. Alleine könnten die einzelnen Staaten "keinen sinnvollen Beitrag" leisten. Sollten sich jedoch EU-Staaten zusammenschließen, so schreiben sie im Ergebnis, verfügten diese "über hinreichende Mittel, um sowohl eine Beobachtermission oder auch eine Schutzmission durchzuführen". Allerdings würde dies - vorsichtig geschätzt - zwischen zehn und 30 Prozent der maritimen Fähigkeiten Europas einfordern. Jede neue Operation würde zwangsläufig zulasten bestehender Aufgaben und der Ausbildung gehen, schreiben die Autoren. Deutschland müsste ständig "mit mindestens einem Schiff" an der Mission teilnehmen.

Hubschrauber müssten bewaffnet und auf den Handelsschiffen Schutzteams eingesetzt werden

Sowohl für eine Beobachtermission als auch für den weitergehenden Einsatz, der den Schutz der Handelsschiffe sicherstellt, haben die Analysten den Bedarf an Schiffen, Hubschraubern und Flugzeugen skizziert. Für eine Beobachtermission seien demnach "mindestens" fünf Fregatten oder Zerstörer mit Bordhubschraubern erforderlich, drei Seefernaufklärer sowie ein bis zwei Versorgungsschiffe. Die Schiffe würden außerhalb der Hoheitsgewässer Irans und Omans operieren. Je ein Schiff wäre stets an den beiden Ausgängen der Straße von Hormus im Einsatz, die übrigen Schiffe würden Tanker begleiten, im Seegebiet Präsenz zeigen oder im Hafen versorgt werden. Im internationalen Luftraum würden die Seefernaufklärer "mit weitem Blick" die Straße von Hormus aufklären.

Weit mehr Kraft müssten die Europäer für eine Schutzmission aufbringen - dann kämen mindestens zwei Korvetten hinzu. Die Hubschrauber müssten bewaffnet sein, auf den Handelsschiffen bewaffnete Schutzteams eingesetzt werden. An Hauptquartieren in einem Mitgliedsstaat sowie im Einsatzgebiet führe dann kaum mehr ein Weg vorbei. Theoretisch erachten die Analysten Beiträge von 13 EU-Staaten für möglich. Seeaufklärer und Führungsstrukturen für Hauptquartiere im EU-Land sowie im Einsatzgebiet könnten jedoch nur fünf Staaten beisteuern. Neben Deutschland nennen die Experten Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien. Laut der Analysten spräche vieles dafür, dass nur Frankreich für das Missionshauptquartier infrage kommt. Großbritannien hat sich der US-Mission angeschlossen. Spanien und Italien sind in anderen Missionen eingebunden. In Deutschland sehen die Analysten nur "geringe Erfahrung" mit Marineoperationen. Frankreich verfüge über Militärbasen, von denen aus ein solcher Einsatz unterstützt werden könnte.

Die Autoren sprechen sich klar dafür aus, dass Deutschland sich stark einbringen solle. "Berlin sollte zum Erhalt seines Gestaltungsanspruches und zur Wahrung seiner Interessen eine Mission mitentwickeln und die gegebenenfalls führen." Eine europäische Mission mag spät kommen, könne aber die "willkommene Alternative für viele Europäer" sein, die sich nicht der US-Mission anschließen wollten. Auch bei einer Beobachtermission müsse jedoch im Mandat sichergestellt werden, dass die Soldaten unter Anwendung von Gewalt eingreifen dürften, wenn etwas passiert. Andernfalls bestehe die Gefahr, lediglich als Abhängige der USA vorgeführt zu werden. An einer engen Koordinierung mit den USA führe bei aller Eigenständigkeit jedoch nichts vorbei.

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SZ vom 12.08.2019
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