Süddeutsche Zeitung

Steinbrücks Wahlkampfteam:Nur ein Schatten von Kompetenz

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Peer Steinbrück betont stets, wie wichtig ihm eine gewisse Unabhängigkeit von der Partei ist. Jetzt aber wird dem SPD-Kanzlerkandidaten gerade ein Kompetenzteam zusammengestoppelt, das nur das Ergebnis vermeintlicher Sachzwänge ist.

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Klartext wollte er reden, Beinfreiheit forderte er von seiner Partei: Peer Steinbrück wollte stets als Kanzlerkandidat aus eigenem Recht wahrgenommen werden - wenn auch auf dem Ticket der SPD. Er war ja nie ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat. Der Sprössling eines Architekten kann nicht mal das Prädikat, aus "einfachen Verhältnissen zu kommen", für sich beanspruchen.

Mit den sozialromantischen Visionen einiger seiner Genossen wusste er bis zu seiner Nominierung als Kanzlerkandidat herzlich wenig anzufangen. Er ist ein Mann vom rechten Flügel der Partei. Und manche dürften gehofft haben, dass das auch erkennbar bleibt. Warum sonst hätte er auf Beinfreiheit pochen sollen?

An seinem Team sollst du ihn erkennen! Wenn der Satz stimmt, dann ist Steinbrück nur noch ein Schatten seiner selbst. An diesem Montag hat er die nächsten drei Mitglieder seines jetzt sechsköpfigen sogenannten Kompetenzteams vorgestellt. Und offen bleibt nur die eine Frage: Was soll das?

Da begegnen sich der bisher mehr als Betonlinker wahrgenommene, bullige Gewerkschafter Klaus Wiesehügel und der nun verkehrskompetente bayrische Jungspund Florian Pronold, beide erbitterte Gegner der Agenda 2010. Sie sollen wohl die Linke in der Partei personell ruhigstellen.

Warum bekommt Schwesig nicht ihr Kernthema?

Ebenfalls im Kompetenzteam: Steinbrücks alte Weggefährtin und ehemalige Kabinettskollegin Brigitte Zypries, die jetzt für Verbraucherschutz zuständig sein soll. Ein Thema, mit die Juristin bisher nicht sonderlich aufgefallen ist. Aber irgendwas sollte sie wohl werden.

Da gibt es dann noch die der Internet-Gemeinschaft bislang völlig unbekannte Gesche Joost, eine junge Design-Professorin, die sich lieber Elfbeinturm-mäßig mit interaktiver Kleidung auseinandergesetzt hat, als im Netz erkennbare Spuren zu hinterlassen.

Oder Manuela Schwesig, die ebenso junge Ministerin aus Mecklenburg-Vorpommern, die sich über die Jahre einen Namen als Fachfrau der SPD für Arbeit und Soziales gemacht hat. Da der Part aber schon von Gewerkschaftsboss Wiesehügel besetzt ist, darf sie sich jetzt um das "Gedöns"-Thema "Familie und Frauen" kümmern. Nicht Ursula von der Leyen ist ihr Widerpart, der sie schon manches Mal empfindlich viel Terrain abgenommen hat. Sondern Familienministerin Kristina Schröder. Was für ein undankbarer Job!

Die harten Themen bleiben unter Steinbrück ohnehin bisher den Männern vorbehalten. Wiesehügel hat die für die Sozialdemokraten zentrale Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik unter seinen Fittichen, für Inneres darf sich Thomas Oppermann zuständig fühlen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion ist praktisch überall einsetzbar. Er hätte auch für Umwelt zuständig sein können - was wiederum die Frage aufwirft: Wenn schon Zypries, warum macht sie dann nicht Inneres?

Überraschungen sind nicht mehr zu erwarten

An der Fachkompetenz des 40-jährigen Chefs der Bayern-SPD, Florian Pronold, in Sachen Verkehrspolitik gibt es zwar nicht allzu große Zweifel. Seine Aufnahme in das erlesene Kompetenzteam hat aber ganz andere Gründe. Der Mann, den die Genossen im Freistaat übrigens nicht als Spitzenkandidaten für die Landtagswahl haben wollten, soll jetzt die Bayern-Flagge auf Bundesebene hochhalten.

Da ist es letztlich nur ein schöner Zufall, dass mit Peter Ramsauer ein CSU-Bayer gerade Verkehrsminister ist und Pronold auf dem Gebiet auch eine gewisse Erfahrung mitbringt. Ins Team hätte Pronold wohl auch kommen müssen, wenn er sich sein Leben lang mit Tourismusförderung im Alpenvorland beschäftigt hätte.

Da wundert es nicht, wenn dieses Team bis jetzt eher wie zusammengestoppelt wirkt, als einem großen Ganzen folgend. Wenn die Spekulationen sich als richtig erweisen, dann werden mit Karl Lauterbach (Gesundheit), Matthias Machnig (Energie/Aufbau Ost) und Frank-Walter Steinmeier (Außenpolitik) keine wirklichen Überraschungen mehr zu erwarten sein.

Es ist eben nicht das Team des Kandidaten. Das Team ist vielmehr in Summe das Ergebnis vermeintlicher Sachzwänge, die sich in jeder einzelnen Personalie ablesen lassen. Einen tieferen Sinn ergibt das alles nicht.

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