Süddeutsche Zeitung

Seenotrettung:Sea-Watch kritisiert Bundesregierung

Lesezeit: 1 min

Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat in einer Pressekonferenz die Haltung der Bundesregierung gegenüber Italiens Migrationspolitik kritisiert. Diese prangere die Zustände und das Verhalten Italiens zwar zu Recht an. Doch der italienische Innenminister Matteo Salvini habe schon vor einem Jahr die italienischen Häfen für Seenotretter geschlossen. Man ziehe sich in Berlin allerdings lediglich hinter der Forderung "nach einer europäischen Lösung" zurück, ohne konkret zu handeln, sagte Ruben Neugebauer von der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch.

Die deutsche Kapitänin und Sea-Watch-Aktivistin Carola Rackete hatte vergangene Woche das Rettungsschiff Sea-Watch 3 mit mehr als 40 Migranten an Bord unerlaubt in die italienischen Hoheitsgewässer gesteuert. In der Nacht auf Samstag fuhr sie - ebenfalls trotz eines Verbots - in den Hafen der südlich von Sizilien liegenden Insel Lampedusa ein. Sie rechtfertigte ihre Entscheidung mit der verzweifelten Lage an Bord und beruft sich auf das Nothafenrecht, wonach ein Schiff bei einer Notlage einen Hafen anlaufen darf.

Sea-Watch hatte mit ihrem Schiff am 12. Juni insgesamt 53 Migranten vor Libyen gerettet. Aus gesundheitlichen und humanitären Gründen hatten schon 13 Migranten frühzeitig von Bord gehen können. Das Schiff aber bekam keine Anlegeerlaubnis.

Die Staatsanwaltschaft wirft Rackete darüber hinaus auch Widerstand gegen ein Militärschiff und Vollstreckungsbeamte vor. Das Schiff hatte beim Einlaufen in Lampedusa ein Boot der Finanzpolizei touchiert. Rackete habe ihrem Anwalt zufolge bei ihrer Vernehmung gesagt, das Boot nicht gesehen zu haben. Zudem wird gegen Rackete wegen Beihilfe zur illegalen Migration ermittelt.

Der italienische Innenminister Matteo Salvini bezeichnet Seenotretter immer wieder als Komplizen der Schmuggler, die Migranten auf die gefährliche Fahrt ins Mittelmeer schicken. Er will die Hilfsorganisationen komplett aus dem Mittelmeer verbannen. Die Regierung aus rechter Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung fährt seit einem Jahr einen harten Anti-Migrations-Kurs.

In Deutschland hat die Festnahme von Rackete eine Welle der Solidarität ausgelöst. Mehr als eine Million Euro an Spenden wurden hier und in Italien für Sea-Watch gesammelt. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sich in die Sache eingeschaltet und Italien wegen der Festnahme kritisiert. Auch Außenminister Heiko Maas (SPD) macht sich für Rackete stark: "Aus unserer Sicht kann am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens nur die Freilassung von Carola Rackete stehen. Das werde ich Italien noch mal deutlich machen."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4508026
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/dayk
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.