Süddeutsche Zeitung

Kriegsmaterial für die Ukraine:Bern bleibt hart

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Die Schweiz werde Kiew aufgrund der Neutralitätspflicht weiter keine Rüstung liefern, sagt Präsident Berset bei seinem Besuch in Berlin. Bundeskanzler Scholz lässt Unverständnis durchblicken.

Von Daniel Brössler, Berlin

Die Schweiz pocht im Streit über die Weitergabe von Kriegsmaterial an die Ukraine vorerst weiterhin auf ihre Neutralität. "Man kann nicht von uns verlangen, dass wir unsere eigenen Gesetze brechen", sagte der Schweizer Bundespräsident Alain Berset am Dienstag nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Unter Berufung auf ihr Kriegsmaterialgesetz untersagt es die Schweiz Deutschland und anderen Ländern, der von Russland überfallenen Ukraine in der Schweiz gekaufte Rüstungsgüter weiterzugeben.

Das verhindert unter anderem den von Deutschland beantragten Export von in der Ukraine dringend benötigter Schweizer Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard. Berset deutete allerdings an, dass der zunehmende Druck Wirkung zeigen könnte. Es müsse geschaut werden, "wie man sich da entwickeln soll, muss oder kann", sagte er. Diese Diskussion habe begonnen. Gerade in so schwierigen Zeiten sei es aber wichtig, "dass wir uns an unsere Regeln halten".

Bundeskanzler Scholz verwies darauf, dass er mit Berset über die Frage der Waffenlieferungen gesprochen habe, und ließ Unverständnis über die harte Schweizer Haltung durchblicken. "Dieser Krieg in Europa fordert uns alle dazu auf, unser Selbstverständnis kritisch zu prüfen und mitunter auch zu unbequemen, aber richtigen Entscheidungen bereit zu sein", sagte er.

Neutral sein bedeute keineswegs Gleichgültigkeit, betont der Gast

"Die Schweiz verurteilt die militärische Aggression Russlands in aller Schärfe als massive Missachtung des Völkerrechts", betonte Berset. Er verwies darauf, dass sich die Schweiz den EU-Sanktionen gegen Russland angeschlossen habe und die Ukraine beim Wiederaufbau unterstütze. Die Neutralität der Schweiz bedeute "keineswegs Gleichgültigkeit".

Er sei "sehr enttäuscht" von der Schweiz, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wer bei einem solchen verbrecherischen Angriffskrieg neutral sein möchte, nutzt indirekt dem russischen Aggressor", erklärte er.

Kritik an einer lückenhaften Umsetzung der Sanktionen wies Berset zurück. Die Schweiz meine es mit der Umsetzung "voll ernst". Es gebe allerdings noch einige "Elemente zu korrigieren", etwa bei der Transparenz. Die Botschafter der Staaten der G7 und der EU hatten kürzlich in einem Schreiben an die Regierung in Bern Zweifel an einer ausreichend konsequenten Suche nach russischem Vermögen auf Schweizer Konten geäußert. Berset verwies darauf, dass bereits 7,5 Milliarden Franken in der Schweiz eingefroren worden seien.

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