Süddeutsche Zeitung

Auf Distanz:Schützen wehren sich gegen Vereinnahmung durch die AfD

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Von Markus Balser, Berlin

Die Post war deutlich. "Für ein Waffengesetz mit Augenmaß" warb die AfD Ende vergangenen Jahres mit einem Flugblatt, das an Schützenvereine und -verbände versandt wurde. Laut trommelte die AfD-Fraktion des Bundestags darin gegen die damals geplante Verschärfung der Waffengesetze. "Klar und deutlich" habe sich die AfD zu Gunsten der deutschen Sportschützen positioniert, ließ die Fraktion die Adressaten wissen. So wolle man etwa eine Regelüberprüfung von Waffenbesitzern durch den Verfassungsschutz verhindern. Die Botschaft war klar: Die AfD sei quasi der natürliche Partner der deutschen Schützentradition, die das regionale Brauchtum bewahre und für das "heimatliche und historische Erbe" stehe, säuselten die Rechtspopulisten.

Doch die Reaktion fällt gerade ganz anders aus, als von der AfD erhofft. Denn statt Nähe suchen die Schützen nun maximale Distanz. Das Präsidium des Bundes der historischen deutschen Schützenbruderschaften (BHDS), eines Verbandes von 1300 katholischen Mitgliedsbruderschaften und 400 000 Schützen in Deutschland, machte die Annäherung publik und wies sie zugleich scharf zurück. Ziel der AfD sei es gerade, Schützen- und andere Brauchtumsvereine zu unterwandern, um sich damit ein volkstümliches Mäntelchen umzulegen, warnt Präsidiumsmitglied Emil Vogt die Schützenvereine.

Derzeit wollten rechte Populisten unter dem Deckmantel der Heimatverbundenheit Grenzen abschotten und Fremdenhass schüren. Der Verband wolle daher zeigen, dass sein Heimatbegriff auf Miteinander setze und nicht auf Ausgrenzung, heißt es in einer Mitteilung des BHDS. Respekt, Ehrlichkeit und Toleranz seien die Leitgedanken des Bundes. Die Schützen seien heimatverbunden und weltoffen.

Die Sorge in den Schützenvereinen wächst, denn es blieb offenbar nicht bei der Post. Bei den Schützen erinnert man sich auch an dubiose Angebote per Telefon. In den vergangenen Wochen seien vereinzelt hohe Geldspenden angeboten worden, sagt Vogt weiter. Man habe die Annahme verweigert, "weil nach eigener Recherche hier offensichtlich über AfD-Kanäle ein für den BHDS kompromittierender Sachverhalt konstruiert werden sollte", vermuten die Schützen in einer Erklärung. Nach Angaben aus Kreisen des Verbands kam die Spendenofferte aus dem Umfeld der AfD. Die AfD äußerte sich am Montag zunächst nicht zu den Vorgängen.

Die Schützen verschärften bei einer Jahresversammlung am Sonntag ihr Vorgehen gegen Versuche rechter Beeinflussung. Bundesjungschützenmeister Stephan Steinert erklärte, die BHDS-Nachwuchsorganisation werde ihre Aktion "Schützen gegen Rechts" weiter vorantreiben. Zudem plane der "Bund der Sebastianus-Schützenjugend", keine Mitglieder der AfD oder von deren Unterorganisationen aufzunehmen. Der BHDS vertritt Bruderschaften in den Diözesen Aachen, Essen, Köln, Münster, Paderborn und Trier.

Wie die Partei an die Adressen der Schützenbruderschaften gelangte, ist dem BHDS zufolge unklar. Es gelte zu verhindern, dass auch nur der Eindruck einer inhaltlichen Nähe zwischen ihnen und der AfD entstehe, heißt es aus den Schützenvereinen. Der Bundestag hatte im Dezember nach heftiger Debatte das Waffenrecht verschärft. Ein Gesetz, das mit den Stimmen der Union und der SPD verabschiedet wurde, sieht einen Ausbau des nationalen Waffenregisters vor, um die Rückverfolgbarkeit sämtlicher Schusswaffen zu erleichtern. Gegen das Gesetz votierten FDP und AfD.

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SZ vom 10.03.2020
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