Süddeutsche Zeitung

Russland-Politik:Ein Stoffhund, Bier und Räucherfisch

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Gastgeschenke sind nicht nur diplomatische Zierde, sondern haben manchmal auch politische Bedeutung. Doch das Kanzleramt weicht der Frage aus, was Angela Merkel alles von Moskau überreicht bekam.

Von Robert Roßmann, Berlin

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Geschenke in der internationalen Politik nicht nur diplomatische Zierde, sondern durchaus relevant sind, hat ihn Angela Merkel am Dienstagabend geliefert. Die ehemalige Kanzlerin ist als Kind von einem Hund gebissen worden - seitdem hat sie Angst vor den Tieren. Im Berliner Ensemble hat Merkel jetzt von ihrem ersten Besuch im Kreml erzählt. Damals habe Wladimir Putin zu ihr gesagt: "Ich hab' gehört, du hast ein Problem mit Hunden." Und habe ihr dann einen großen Stoffhund geschenkt. Das Präsent war also eine gezielte Provokation.

Bei einem Besuch in Sotschi im Jahr darauf ließ Putin dann sogar einen Labrador vor der Kanzlerin herumlaufen. Sie habe das "nicht als liebevollen Zufall" empfunden, hat Merkel jetzt kundgetan.

Putins Stoffhund zeigt, dass ein Blick auf Geschenke interessant sein kann. Das Portal Abgeordnetenwatch hat deshalb unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz vom Kanzleramt wissen wollen, welche Gastgeschenke Merkel in ihrer Zeit als Bundeskanzlerin "vonseiten der russischen Staatsregierung" bekommen hat. Und welche Geschenke sie Vertretern der russischen Regierung gemacht hat.

Das sind eigentlich zwei ganz einfache Fragen. Aber die Antwort des Bundeskanzleramts zeugt - vorsichtig gesagt - nicht von großem Interesse an Transparenz. Dabei wäre es auch interessant zu erfahren, ob sich das Geschenkverhalten nach der russischen Annexion der Krim 2014 verändert hat.

Porzellan in diversen Ausführungen

Durch Gastgeschenke könnten "die Schenkenden Botschaften, Anerkennungen und Zeichen übermitteln", sie könnten "diplomatische Argumente verstärken", heißt es in der Antwort des Kanzleramts. Doch das Amt findet eine erstaunliche Begründung dafür, dass es trotzdem keine Auskunft erteilt.

Staatsgeschenke seien "Ausdruck gegenseitiger Wertschätzung und oft geprägt und beeinflusst durch Weltansichten des schenkenden Landes", heißt es in dem Schreiben. "Eine Gesamtschau der Geschenke von bzw. an einzelne Staatsgäste könnte aber mit den Geschenken anderer Staatsgäste verglichen und in politische Kontexte gesetzt werden." Der von Abgeordnetenwatch begehrte "Informationszugang" zu den Gastgeschenken wäre "daher geeignet, sich nachteilig auf internationale Beziehungen auszuwirken". Deshalb werde der Zugang versagt.

Das Kanzleramt teilt nur ganz allgemein mit, dass die Präsente an Merkel "in der Regel landestypische Staatsgeschenke" gewesen seien und es sich "in vielen Fällen" um "dekorative Objekte wie Kunst, Porzellan und Glas in den jeweiligen für das Land typischen Ausführungen" gehandelt habe.

Merkel war mit Informationen zu Geschenken übrigens nicht immer so knausrig wie das Kanzleramt in seiner Antwort. Putin hat einmal erzählt, dass Merkel ihm "von Zeit zu Zeit ein paar Flaschen Radeberger Bier" schicke. Darauf angesprochen sagte Merkel 2018: "Es ist bekannt, dass der russische Präsident gerne deutsches Bier trinkt", manchmal ergebe "sich die Möglichkeit, dass man sich da austauscht - ich habe schon mal sehr guten Räucherfisch bekommen".

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