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Regierungsbildung in Italien:Bersani schließt Koalition mit Berlusconi aus

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Wie kann Italien das politische Patt überwinden? Bersani, Chef des italienischen Mitte-links-Bündnisses, lehnt ein Bündnis mit Berlusconis Mitte-rechts-Allianz kategorisch ab. Er setzt auf die Protestbewegung Fünf Sterne von Beppe Grillo. Dafür ist er sogar bereit, eine wüste Beleidigung zu ignorieren.

Von Barbara Galaktionow

Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano zeigte sich zuversichtlich: Ja, es gebe zwar ein "kompliziertes Wahlergebnis", sagte er am Donnerstag bei seinem Besuch in Berlin. Doch "in den koemmenden Wochen" werde es eine Regierung geben.

Nur: Wie soll sie aussehen? Das ist im Moment noch völlig unklar. Der Chef des italienischen Mitte-links-Bündnisses, Pier Luigi Bersani, hat nun eine diskutierte Lösung kategorisch ausgeschlossen: eine große Koalition mit dem Mitte-rechts-Lager von Silvio Berlusconi. "Ich will das ganz klar sagen: Die Idee einer großen Koalition existiert nicht und wird nie existieren", sagte Bersani in einem Interview der Zeitung La Repubblica.

Überraschend kommt die Absage des Chefs der sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) nicht. Bereits am Mittwoch hatte eine kleinere Partei, die zu Bersanis Bündnis gehört, einer Zusammenarbeit mit Berlusconi eine Absage erteilt. Auch ein italienischer Politik-Experte räumte einer großen Koalition wenig Chancen ein: Programme und Personen seien einfach völlig unvereinbar, sagte Leonardo Morlino der Süddeutschen Zeitung.

Der Medien-Mogul und frühere Ministerpräsident Berlusconi hatte ein derartiges Bündnis am Dienstag ins Spiel gebracht, nachdem klar war, dass Bersani bei der Wahl zwar eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus erreichte, im Senat aber Berlusconis Allianz blockieren kann.

Bersani würde das Problem offenbar am liebsten durch ein Bündnis mit der Protestbewegung Fünf Sterne lösen. In seinem Gespräch mit der La Repubblica betonte er, dass er in dieser Frage offen für verschiedene Lösungen sei. Der Anführer des Movimento Cinque Stelle, Beppe Grillo, hatte eine Koalition bereits ausgeschlossen, aber betont, man werde von Fall zu Fall Vorschlägen zustimmen, die ins Programm passten - was möglicherweise darauf hinauslaufen könnte, dass die Fünf Sterne eine Minderheitsregierung Bersanis dulden könnten.

Zumindest diese Möglichkeit will der PD-Chef sich, wie es aussieht, unbedingt offenhalten. So wollte er selbst einen persönlichen Angriff Grillos (der ihn als "sprechenden Toten" bezeichnet hatte) nicht zum Hindernis erklären: "Seine Beleidigungen schrecken mich nicht ab", beteuerte er.

Mediale Rückendeckung für Steinbrücks "Clowns"

Mit Schmähungen muss im Übrigen nicht nur Bersani umgehen, sondern auch Grillo selbst. Konfrontiert mit Äußerungen des SPD-Spitzenkandidaten Peer Steinbrück, in Italien hätten bei der Wahl "zwei Clowns gewonnen" - nämlich Grillo und Berlusconi -, zeigte sich der 5-Stelle-Chef deutlich weniger duldsam als Bersani. Der Komiker schimpfte kräftig zurück: Steinbrück sei "arrogant und politisch wenig intelligent". Ihm mangele es an den für das Kanzleramt notwendigen Fähigkeiten.

Zuvor hatte der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano wegen Steinbrücks "Clown"-Bemerkung ein geplantes Treffen mit dem Sozialdemokraten abgesagt. Den greisen Staatschef störe der Stil, ließ er bei seinem Besuch in Berlin durchblicken. Jeder könne denken, was er wolle, sagte Napolitano, aber bei Aussagen zum Ausgang von Parlamentswahlen müsse man "sehr ausgewogen bei der eigenen Wortwahl sein".

Die lose Zunge des SPD-Spitzenmannes, sein mangelndes diplomatisches Feingefühl (das sich vor ein paar Jahren auch schon in einem von Steinbrück entfachten Zwist mit der Schweiz zeigte) wird ihm immer wieder vorgeworfen, allein steht Steinbrück mit seiner Sicht der Dinge indes nicht.

Der Begriff der "Polit-Clowns" geisterte in den vergangenen Tagen durch zahlreiche Kommentare in den Medien. Der renommierte Economist setzte sogar noch eins drauf. In ihrer jüngsten Ausgabe warnt die einflussreiche Wirtschaftszeitschrift vor den desaströsen wirtschaftlichen Folgen der Italien-Wahl. "Send in the clowns" titelt das Blatt und zeigt - wie könnte es anders sein: Beppe Grillo und Silvio Berlusconi.

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