Süddeutsche Zeitung

Peter Altmaier:Merkels Mann für alles

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Unter Kanzler Kohl rief ein Unionskollege Peter Altmaier und seinen Mitstreitern noch hinterher, man solle ihnen "die Eier abschneiden". Doch für Merkel ist der Kanzleramtschef ihr wichtigster Helfer.

Von Robert Roßmann, Berlin

In der protokollarischen Rangfolge der Bundesminister liegt Peter Altmaier zwar nur auf dem letzten Platz, noch hinter ziemlich unbekannten Kabinettsmitgliedern wie Johanna Wanka und Gerd Müller. Doch spätestens seit diesem Montag dürfte Altmaier der wichtigste Mann der CDU im Berliner Regierungsviertel sein.

Auf Wunsch der Kanzlerin soll der 58-Jährige jetzt auch noch das Wahlprogramm seiner Partei schreiben, neben seinen Funktionen als Kanzleramtschef, als Flüchtlingskoordinator der Regierung und als Kanzlerinnen-Erklärer im Fernsehen. Menschen mit normaler Konstitution wären bereits mit einer dieser Aufgaben ausgelastet.

Dass Altmaier so viel auf die Schultern gelegt bekommt, liegt jedoch nicht nur an der kommunikativen und intellektuellen Kraft des robusten Saarländers. (Über seine organisatorischen Fähigkeiten gibt es widersprüchliche Darstellungen.) Es ist auch ein Zeichen dafür, wie groß der Mangel an vergleichbaren Persönlichkeiten in der CDU nach zwölf Regierungsjahren geworden ist. Altmaier muss deshalb regelmäßig als Nothelfer einspringen.

Dass SPD und Opposition seine neue Doppelrolle als Kanzleramtschef und Wahlprogramm-Schreiber jetzt so heftig kritisieren, liegt aber nicht nur an dem Hautgout, den diese Kombination hat. Der Protest entspringt auch der nicht unbegründen Sorge der Konkurrenz, dass Altmaier in der neuen Rolle erfolgreich sein könnte.

Der Christdemokrat profitiert von seiner breiten Erfahrung. Er war Beamter der EU-Kommission, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion und Umweltminister. Seit 2013 ist er Kanzleramtschef, der erste seit Horst Ehmke, der vorher bereits Bundesminister war.

Nicht leicht ins Bockshorn zu jagen

Altmaier glaubt, dass ihm das die Arbeit als Kanzleramtschef erleichtert. Nichts, was im Kopf eines Ressortministers vorgeht, ist ihm fremd. Er weiß, wie Ministerien funktionieren und Abteilungen ihre Minister positionieren. Da lässt man sich nicht mehr von jeder Vorlage ins Bockshorn jagen und kann leichter Kompromisse vermitteln.

In jedem Fall ist Altmaier inzwischen der wichtigste Helfer der Kanzlerin. Helmut Kohl hat das von Altmaier noch nicht behaupten können. Nach seiner ersten Wahl in den Bundestag 1994 forderte Altmaier eine Reform des Staatsbürgerrechts, Kontakte zu den Grünen, eine Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren und manches mehr, was damals in der Union noch Wallungen auslöste.

"Euch sollte man mit der Heckenschere die Eier abschneiden", rief Wolfgang Zeitlmann, der damalige Innenexperte der Unionsfraktion (und heutige Mann von CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt), Altmaier und seinen Mitstreitern genervt hinterher. Altmaier forderte dafür schon mal den Rücktritt Kohls. Derlei muss Merkel nicht fürchten. Im Gegenteil: Wenn sie die Wahl gewinnen sollte, dürfte das auch an Altmaiers Schaffen gelegen haben.

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Quelle:
SZ vom 12.04.2017
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