Süddeutsche Zeitung

NSU-Prozess:Zschäpe lehnt Richter Götzl als befangen ab

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Aus dem Gericht von Wiebke Ramm

Die Empörung der Verteidiger von Beate Zschäpe ist kaum zu überhören. Nach bald vier Jahren Verhandlung im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München scheint es Richter Manfred Götzl mit einem Mal eilig zu haben. Zu eilig aus Sicht von Zschäpes Verteidigern.

Am Dienstag hatte Götzl den Prozessbeteiligten überraschend eine Frist von nur einer Woche gesetzt, um letzte Beweisanträge zu stellen. Zschäpes Verteidiger Wolfgang Heer und Anja Sturm reagierten darauf am Donnerstag nun im Namen ihrer Mandantin mit einem Ablehnungsantrag gegen den Vorsitzenden Richter.

Zschäpe habe aufgrund der Ankündigung eines "Durchpeitschens par excellence" Grund zur Sorge, dass Götzl ihr nicht länger unbefangen begegne, trug Heer vor. Die Fristsetzung sei "nicht nur unzulässig, sondern auch völlig abwegig und den Anschein von Willkür erweckend". Nicht die Verteidiger, sondern die Richter hätten in der Vergangenheit das Vorankommen des Prozesses verzögert. So hätte es für verhinderte Zeugen oftmals kein Ersatzprogramm gegeben, stattdessen seien Verhandlungstage gleich ganz gestrichen worden.

Wohllebens Befangenheitsantrag

Heer und Sturm zählen in dem Ablehnungsantrag ihrer Mandantin sämtliche Verhandlungstage auf, die im Jahr 2016 und in den ersten Monaten des Jahres 2017 ausgefallen sind. Sie kommen auf insgesamt 31 Tage, die vom Senat häufig ohne Begründung abgesetzt worden seien. Spitz formulierte Heer: Frau Zschäpe müsse davon ausgehen, dass Götzl "seine mängelbehaftete Verhandlungsplanung mittels der Fristsetzung zu kaschieren versucht".

Am Tag zuvor hatte bereits der mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben einen Befangenheitsantrag gestellt. Anders als bei Zschäpe richtet sich Wohllebens Antrag nicht nur gegen den Vorsitzenden, sondern gegen alle Richter des Senats.

Nun müssen Götzls Richterkollegen über Zschäpes und ein anderer Senat über Wohllebens Befangenheitsantrag entscheiden.

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