Süddeutsche Zeitung

Frankreich:Haftstrafen für Unterstützer des Terrors von Nizza

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Bei dem Anschlag am französischen Nationalfeiertag vor sechs Jahren wurden 86 Menschen getötet. Auch der Attentäter starb. Doch gegen acht andere fällt ein Gericht nun Urteile.

Von Nicolas Freund

Die Unterstützer des islamistischen Terroranschlags vom 14. Juli 2016 in Nizza sind in Paris schuldig gesprochen worden. Zwei Bekannte des Attentäters erhielten wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung jeweils 18 Jahre Haft, ein anderer zwölf Jahre. Die übrigen fünf Angeklagten sind unter anderem wegen Waffenhandels zu zwei bis acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Drei von ihnen wurde außerdem die Aufenthaltserlaubnis in Frankreich entzogen.

Den sieben Männern und einer Frau im Alter zwischen 27 und 48 Jahren warf die Pariser Staatsanwaltschaft vor, in verschiedenem Maße an dem Anschlag auf der Promenade des Anglais in Nizza beteiligt gewesen zu sein. Unter anderem sollen sie als Mitglieder einer terroristischen Vereinigung ideologische und logistische Hilfe geleistet sowie bei der Beschaffung einer Waffe geholfen haben.

Einer der Angeklagten ist seit zwei Jahren auf der Flucht

In seinem Schlusswort vor der Urteilsverkündung sagte einer der Angeklagten am Montag: "Ich habe nichts damit zu tun, was passiert ist. Ich bin kein Terrorist." Der Angeklagte, der die Waffe des Attentäters besorgt hatte, gab an, nicht nachgedacht zu haben. Die meisten der anderen entschuldigten sich in ihren Schlussworten. Ein Angeklagter, der bei der Beschaffung der Pistole geholfen haben soll, ist auf der Flucht und wird seit zwei Jahren mit Haftbefehl gesucht.

Am französischen Nationalfeiertag vor sechs Jahren raste der 31 Jahre alte Tunesier Mohamed Lahouaiej-Bouhlel mit einem Lkw über die Strandpromenade in Nizza, auf der nach einem Feuerwerk Tausende Passanten unterwegs waren. Lahouaiej-Bouhlel fuhr absichtlich in die Menge und feuerte mit einer Pistole auf Polizisten. 86 Menschen sind bei dem Anschlag ermordet worden, mehr als 400 weitere wurden verletzt. Lahouaiej-Bouhlel wurde von der Polizei erschossen.

Eine direkte Verbindung zum IS konnte nicht gefunden werden

Der sogenannte Islamische Staat (IS) bekannte sich im Anschluss zu der Tat, es ist allerdings bis heute unklar, ob der Attentäter wirklich im Auftrag der Terrororganisation gehandelt hatte. Ermittler fanden zwar Hinweise auf eine islamistische Radikalisierung Lahouaiej-Bouhlels, aber keine direkte Verbindung zum IS. Der Täter habe "so viele Menschen wie möglich töten wollen", sagte der Richter nun.

2014 hatte ein Sprecher des IS dazu aufgerufen, in Europa Anschläge zu verüben, gegebenenfalls auch ohne den Einsatz von Waffen, zum Beispiel mit Fahrzeugen. Die Amokfahrt von Nizza war deshalb womöglich das Vorbild für eine ganze Reihe weiterer Anschläge mit Lkw in europäischen Großstädten.

Im Dezember 2016 hatte ein Attentäter in Berlin einen Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz gelenkt, 2017 wurden ähnliche, wohl ebenfalls islamistisch motivierte Anschläge in London, Stockholm und Barcelona verübt. Frankreich wurde von 2015 an mit dem Angriff auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo und den Anschlägen in Paris, unter anderem in dem Nachtclub Bataclan, von einer Terrorserie heimgesucht, die das Land bis heute beschäftigt.

Bei dem Prozess zum Anschlag von Nizza sind mehr als 800 Betroffene und Überlebende als Nebenkläger aufgetreten. Viele hatten sich Antworten erhofft, die der Prozess aber nur bedingt liefern konnte, weil fünf der Angeklagten gar keinen direkten Kontakt zu dem Attentäter gehabt hatten. Die Wunde, die der Terror gerissen hat, kann auch dieses Urteil nicht heilen.

Auch die Staatsanwältin Alexa Dubourg hatte gesagt, dass der Prozess den "immensen, unergründlichen" Schmerz der Trauernden und Überlebenden nicht ausgleichen werde. Auf der Promenade des Anglais in Nizza erinnert seit vergangenem Sommer eine Skulptur, halb Engel, halb Mensch, an die Opfer des Anschlags.

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