Süddeutsche Zeitung

Demokratie:Faeser sieht ein AfD-Verbotsverfahren skeptisch

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Nach Auffassung der Bundesinnenministerin sind vielmehr demokratische Parteien in der Verantwortung, dafür zu werben, dass Menschen, die sich einer Partei wie der AfD zuwenden, zurückkommen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser bewertet die Erfolgsaussichten eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens kritisch. "Unsere Verfassung sieht dieses schärfste Instrument der wehrhaften Demokratie zurecht als Ultima Ratio vor", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es gebe sehr hohe Hürden. Bei entsprechender Sachlage könne dies zwar niemand ausschließen, in der politischen Auseinandersetzung sei dies jedoch kein Mittel. "Wenn sich Menschen einer solchen Partei zuwenden, müssen wir dafür werben, dass diese Menschen zu den demokratischen Parteien zurückkommen."

Die Debatte um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren war durch eine Recherche des Medienhauses Correctivs angeheizt worden, das ein Potsdamer Rechtsextremen-Treffen im November offengelegt hatte. Unter den Teilnehmenden waren unter anderem Vertreter der AfD sowie der Werteunion.

Faeser fühlt sich durch das kürzlich bekannt gewordene Treffen in Potsdam an die Wannseekonferenz der Nationalsozialisten erinnert. "Das weckt unwillkürlich Erinnerungen an die furchtbare Wannseekonferenz", sagte die SPD-Politikerin der Funke Mediengruppe. Sie wolle beides nicht miteinander gleichsetzen, "aber was hinter harmlos klingenden Begriffen wie ,Remigration' versteckt wird, ist die Vorstellung, Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer politischen Haltung massenhaft zu vertreiben und zu deportieren".

Bei der Wannseekonferenz schmiedeten die Nazis 1942 Pläne zur Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas. Bei dem Treffen im November, bei dem auch der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner zugegen war, ging es um die Vertreibung von Menschen, was in der extremen Rechten oft beschönigend Remigration genannt wird.

Auch für die Forderung, Rechtsextremisten wie dem AfD-Politiker Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen und ihm unter anderem das Wahlrecht zu nehmen, sieht Faeser wenig Chancen. "Das Bundesverfassungsgericht hat in der Geschichte der Bundesrepublik noch in keinem Fall entschieden, dass eine Person ihre Grundrechte verwirkt hat", sagte sie. Es gebe dafür hohe Hürden. "Deshalb muss es auch bei Herrn Höcke und seinem als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Thüringer AfD-Landesverband zuerst um die politische Auseinandersetzung gehen", so die Ministerin.

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