Süddeutsche Zeitung

Bundesregierung:Berlin weist nach Mord an Georgier zwei russische Diplomaten aus

Lesezeit: 1 min

Von Georg Mascolo

Die Bundesregierung weist nach dem Mord an einem Tschetschenen mit georgischem Pass zwei russische Diplomaten aus. Sie seien mit sofortiger Wirkung zu unerwünschten Personen erklärt worden, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen zu dem mutmaßlichen Auftragsmord in Berlin übernommen. Er verfolgt den Anfangsverdacht, dass staatliche Stellen in Russland oder der autonomen Republik Tschetschenien dahinterstecken, wie die Karlsruher Behörde mitteilt.

Nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung handelt es sich bei den ausgewiesenen Russen um zwei Mitarbeiter des Militärgeheimdienstes GRU. In der Bundesregierung ist von einem "Warnschuss" die Rede, die russische Regierung sei allen Bitten für eine umfassende Kooperation bei den Ermittlungen nicht nachgekommen. Im Laufe des Tages sollen die Nato- und EU-Partner über die deutsche Entscheidung und ihre Hintergründe informiert werden.

Auf eine koordinierte Ausweisung russischer Diplomaten in anderen Ländern - hierzu war es nach dem Mordanschlag auf den russischen Überläufer Sergeji Skripal und seiner Tochter in Großbritannien gekommen - will die Bundesregierung derzeit nicht drängen. Alles hänge nun von Moskaus Reaktion und von den weiteren Ergebnissen des Generalbundesanwaltes ab, heißt es in Regierungskreisen.

Russland kündigt eigene Schritte an

Die russische Führung wies von Anfang an jeden Verdacht zurück. Nach der Ausweisung der beiden Diplomaten will der Kreml ebenfalls Schritte einleiten. Moskau sehe sich gezwungen, darauf zu reagieren, hieß es der staatlichen Agentur Tass zufolge im russischen Außenministerium in Moskau. Das Vorgehen Deutschlands sei unfreundlich und unbegründet.

Der Georgier Selimchan Changoschwili war im August in einem kleinen Park in Berlin-Moabit getötet worden. Sein Mörder soll ihm auf einem Fahrrad gefolgt sein und ihm in den Kopf und in den Rücken geschossen haben. Die Polizei hatte einen Verdächtigen festgenommen, der versucht haben soll, die mutmaßliche Tatwaffe in einen Fluss zu werfen. Der Mann sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Bisher hatte die Berliner Staatsanwaltschaft in dem Fall ermittelt.

Der Getötete war im Zweiten Tschetschenienkrieg auf Seiten antirussischer Separatisten der sogenannten Tschetschenischen Republik Itschkerien aktiv. Er ging, wie auch viele andere der Kämpfer, ins Exil und lebte seit 2016 in Deutschland.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4709715
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/aner/cck
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.